Schweizer Stiftungs- und Trustrecht
Aktuelles aus dem Parlament im Zusammenhang mit der Stiftung und dem Trust
Neue Entwicklungen: Stiftungs- und Trustrecht
In den vergangenen Jahren haben die Errichtungen von Stiftungen in der Schweiz zugenommen, insbesondere im Bereich FinTech und Blockchain. Die Rechtsform der Stiftung ist für FinTech- und Blockchain-Start-ups vorteilhaft, da die Errichtung einer Stiftung in der Schweiz im Rahmen der rechtlichen Vorschriften zeitnah vorgenommen werden kann und dieses Rechtskonstrukt bei den Beteiligten ein gewisses Vertrauen mit sich bringt.
Es ist wichtig, dass die Schweiz dem internationalen Vergleich standhalten kann und dadurch der Finanz- und Wirtschaftsstandort Schweiz gefördert sowie gestärkt wird. Dies wird vorwiegend dadurch erreicht, dass Individuen wie auch Gesellschaften verschiedene neue Möglichkeiten geboten wird, wie sie ihr Vermögen anlegen, verwalten und so individuell langfristig gestalten können. Zur Verfolgung dieses Ziels wurde in den vergangenen Jahren bereits mehrere Initiativen zur Revision der Schweizer Gesetze angestossen wie auch teilweise umgesetzt.
Im Jahre 2021 beschloss das Parlament eine Revision des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) im Bereich des Stiftungsrechts, welches nun per 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist. Bereits im Rahmen der Aktienrechtsrevision per 1. Januar 2023, wurde das Stiftungsrecht im Zusammenhang mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sowie der Offenlegung von Vergütungen revidiert. Die wesentlichen Änderungen des Schweizer Stiftungsrechts sind insbesondere:
1) Erweiterung der Stifterrechte durch eine Ausdehnung des Änderungsvorbehalts auf Organisationsänderungen: Gemäss altem Stiftungsrecht konnte der Stifter den Zweck der Stiftung nur ändern, sofern er im Errichtungsakt einen entsprechenden Vorbehalt festgehalten hat. Neu kann die zuständige Aufsichtsbehörde auf Antrag des Stifters oder aufgrund und von dessen Verfügung von Todes wegen, den Zweck oder die Organisation einer Stiftung ändern. Diese Änderung der Stiftungsurkunde ist möglich, wenn eine Zweck- oder Organisationsänderung vorbehalten worden ist und seit der Errichtung der Stiftung oder seit der letzten vom Stifter verlangten Zweck- oder Organisationsänderung mindestens zehn Jahre verstrichen sind (Art. 86a ZGB).
2) Unwesentlichen Änderungen der Stiftungsurkunde: Unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde sind neu möglich, sofern dies aus sachlichen Gründen als gerechtfertigt erscheint und keine Rechte Dritter beeinträchtigt (Art. 86b ZGB). Triftige sachliche Gründe müssen nicht mehr vorgebracht werden.
3) Form von Urkundenänderungen: Änderungen der Stiftungsurkunde nach den Art. 85–86b ZGB werden von der zuständigen Bundes- oder Kantonsbehörde oder von der Aufsichtsbehörde verfügt. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass eine öffentliche Beurkundung der Änderungen nicht erforderlich ist (Art. 86c ZGB).
4) Stiftungsaufsichtsbeschwerde: Die Stiftungsaufsichtsbeschwerde wurde bisher im Gesetz nicht explizit geregelt. Neu werden die beschwerdeberechtigten Personen abschliessend festgehalten. Demnach können Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde erheben (Art. 84 Abs. 3 ZGB).
5) Drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung: Bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss das oberste Stiftungsorgan umgehend die zuständige Aufsichtsbehörde benachrichtigen (Art. 84a ZGB).
6) Offenlegung von Vergütungen: Das oberste Stiftungsorgan muss der zuständigen Aufsichtsbehörde jährlich den Gesamtbetrag der ihm und der allfälligen Geschäftsleitung direkt oder indirekt ausgerichteten Vergütungen bekannt geben (Art. 84b ZGB i.S.v. Art. 734a Abs. 2 Obligationenrecht).
Aufgrund dieser Revision des Stiftungsrechts im Jahre 2023, hat nun das Steueramt des Kantons Zürich seine Praxis zur Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit angepasst. Neben der Praxis zur Steuerbefreiung wurden weitere Anpassungen von Erlassen ins Zürcher Steuerbuch aufgenommen. Betroffen sind insbesondere folgende drei Neuerungen:
1) Vergütung von Mitgliederinnen und Mitgliedern des Stiftungsrates und Vereinsvorständen: Eine angemessene Entschädigung der Organe einer gemeinnützigen juristischen Person mit Sitz im Kanton Zürich steht einer Steuerbefreiung nicht mehr entgegen. Aufgrund der neuen Verpflichtung zur Bekanntgabe der Vergütungen des Stiftungsrates, geht die Steuerverwaltung des Kantons Zürich davon aus, dass eine Entschädigung durch die Aufsichtsbehörde geprüft und als angemessen beurteilt wurde. Eine Prüfung durch das Steueramt des Kantons Zürich kann in begründeten Fällen durchgeführt werden.
2) Tätigkeiten im Ausland: Gemeinnützige Tätigkeiten im Ausland, welche über die bisher erlaubte internationale Zusammenarbeit hinausgehen, werden neu grundsätzlich nach dem gleichen Massstab wie Tätigkeiten im Inland gemessen.
3) Unternehmerische Fördermodelle: Unternehmerische Fördermodelle (Darlehen [insb. Social Impact Bonds und Development Impact Bonds], Beteiligungen, Wandeldarlehen) stehen neu einer Steuerbefreiung nicht entgegen. Selbst wenn ein Mittelrückfluss (Rückzahlungen und Verzinsung von Darlehen, Erträge aus Beteiligungen, Erfolgsbeteiligungen) an die gemeinnützige Institution möglich ist. Vorausgesetzt wird, dass Stiftungen dort tätig sind, wo es noch keinen Markt gibt – sie also keine Konkurrenz zu nicht steuerbefreiten Investoren darstellen.
Die angepasste Praxis wurde per 1. Februar 2024 auf alle noch offenen Steuerbefreiungsgesuche bei der Steuerverwaltung des Kantons Zürich angewendet. Für Stiftungen und Vereine, welche bereits errichtet sind, gilt:
Im Kanton Zürich ist die «BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich (BVS)» die zuständige Aufsichtsbehörde für Stiftungen. Die Eidgenössische Stiftungsaufsicht nimmt die Aufsicht über klassische Stiftungen wahr, die gesamtschweizerisch und/oder international tätig sind. Davon ausgeklammert sind die Vorsorgeeinrichtungen, kirchliche Stiftungen und Familienstiftungen. Die zuständige Stiftungsaufsicht ist dem Handelsregistereintrag zu entnehmen.
Am 29. Januar 2024 hat die Steuerverwaltung des Kantons Waadt ihre Praxis zur Vergütung von Mitgliederinnen und Mitgliedern der Leitungsorgane steuerbefreiter Einrichtungen aufgrund ihres rein gemeinnützigen Zwecks klargestellt, d. h. Mitgliederinnen und Mitglieder von Stiftungsräten und Vereinsvorständen. Beachten Sie, dass diese Klarstellung nur die Leitungsorgane dieser Einrichtungen betrifft, nicht jedoch deren Mitarbeitende oder freiwillige Helferinnen und Helfer.
Bis zu 60 Stunden pro Jahr ehrenamtliche Tätigkeit eines Stiftungsratsmitglieds gelten als freiwillig, mit der Möglichkeit, ihre tatsächlichen Ausgaben erstattet zu bekommen. Eine Pauschalvergütung von bis zu CHF 300 pro Sitzung (entspricht CHF 3’600 jährlich) ist als Alternative zur Erstattung der tatsächlichen Ausgaben erlaubt, sofern eine entsprechende Regelung im Voraus von der Steuerverwaltung des Kantons Waadt genehmigt wird. Diese Beträge bleiben steuerfrei und gelten nicht als Gehalt.
Wenn ein Vorstandsmitglied mehr als 60 Stunden pro Jahr seinen Aufgaben widmet, wird eine Vergütung grundsätzlich akzeptiert, muss jedoch in einer Regelung festgelegt werden, die der Steuerbehörde zur Genehmigung vorgelegt wird. Dieses Dokument muss insbesondere die erwarteten Aufgaben für die Funktion, einschließlich der für jede Aufgabe aufgewendeten Stunden, die Kriterien für die Festsetzung der Vergütung (mit einem Höchstbetrag) und die Zahlungsbedingungen spezifizieren. Dieses Einkommen wird steuerpflichtig und eine Gehaltsbescheinigung muss ausgestellt werden.
Im Dezember 2022 wurde eine Motion zur Änderung des Verbots von Familienunterhaltsstiftungen eingereicht. Der Bundesrat hat im Februar 2023 beantragt die Motion abzulehnen. Jedoch hat der Ständerat die Motion im Dezember 2023 und der Nationalrat im Januar 2024 angenommen.
Die Kommission des Nationalrates hat sich für die Motion ausgesprochen, da unter anderem die Motion zum Schweizer Trustrecht abgelehnt wurde, insbesondere da die steuerrechtlichen Aspekte der Vorlage umstritten waren und ein Kompromiss nur schwer realisierbar scheint. Aufgrund des Handlungsbedarfs für ein Instrument zur Nachlass- und Vermögensplanung, hat er sich für die Motion ausgesprochen und somit zu einer Liberalisierung der Schweizer Familienstiftung als Alternative zum Trust. Die Kommission weist darauf hin, dass im Gegensatz zum Trust, der aus dem Common Law stammt, die Familienstiftung bereits im Schweizer Recht verankert ist und eine gesetzliche Grundlage für die Besteuerung von Stiftungen vorhanden ist. Die Aufhebung des Verbots der Familienunterhaltsstiftung, wie es die Motion verlangt, sollte demnach nicht die gleichen Probleme verursachen wie die Einführung des Trusts.
Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Botschaft zur Änderung des Art. 335 ZGB vorzulegen, wonach das Verbot von Familienunterhaltsstiftungen aufgehoben wird.
Aufgrund der mangelnden rechtlichen Grundlage in der Schweiz hat der Bundesrat im Januar 2022 die Vernehmlassung zur Einführung eines Schweizer Trusts eröffnet. Durch die Einführung eines eigenen Trustrechts sollte unter anderem die Implementierung der steuerlichen Betrachtung des Trustes in den Bundesgesetzen stattfinden. An seiner Sitzung im September 2023 hat der Bundesrat nun die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen. Es besteht derzeit kein ausreichender politischer Konsens für die Einführung eines Trusts nach Schweizer Recht. Insbesondere die steuerrechtlichen Regelungen wurden in der Vernehmlassung klar abgelehnt. Der Bundesrat verzichtet daher auf die Ausarbeitung einer Botschaft und somit wird aktuell kein Schweizer Gesetz zum Trust ausgearbeitet.
Der Trust ist ein flexibles Rechtsinstitut, welches im familiären Kontext häufig zur Nachlassplanung und Übertragung von Vermögen über mehrere Generationen eingesetzt wird. Daneben werden Trusts im Wirtschaftsleben auch zur Erhaltung, Verwaltung oder Sicherung von Vermögen verwendet, zum Beispiel zur Finanzierung von Investitionen und Transaktionen. Allerdings hat die Schweiz im Gegensatz zur Stiftung, keine besonderen Rechtsvorschriften in zum Trust. Seit dem Inkrafttreten des Haager Trust-Übereinkommens (HTÜ) am 1. Juli 2007 werden im Ausland errichtete Trusts in der Schweiz anerkannt. Dennoch sind ausländische Trusts in der Schweiz weit verbreitet und werden aktuell nach Massgabe der allgemeinen steuerlichen Grundsätze und zweier Kreisschreiben besteuert (KS 30 der Schweizerischen Steuerkonferenz und KS 20 der Eidgenössischen Steuerverwaltung).
Die Revision des Zivilgesetzbuches zur Stiftung bringt nicht nur Erleichterungen zur Anpassung von Stiftungsurkunden, sondern ebenfalls auch weitreichende Flexibilisierungen und punktuelle Erleichterungen in der Vermögensstrukturierung durch die nachträgliche Einflussmöglichkeit der Stifterin oder des Stifters.
Die publizierte Praxisänderung des Kantons Zürich, führt ebenfalls zu einer Stärkung des Stiftungsstandortes Zürich, insbesondere aufgrund der Möglichkeit eine angemessene Entschädigung zu gewährleisten sowie im Ausland tätig zu werden.
Auswirkungen im Rahmen der Familienunterhaltsstiftungen sind jedoch noch abzuwarten.
Falls Sie beabsichtigen eine Stiftung in der Schweiz zu errichten, empfehlen wir vorgängig die rechtlichen und steuerrechtlichen Folgen im Detail von erfahrenen Beraterinnen und Berater abklären zu lassen.
Beitrag von André Kuhn und Dominique Roggo
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