Der Jahresabschluss wird anspruchsvoll
Mit der Bewilligung durch die Aufsichtsbehörde kann sich für die Vermögensverwalter einiges ändern.
Die unabhängigen Vermögensverwalter sind gefordert, für ihre Tätigkeit bis 31. Dezember 2022 eine Bewilligung der Finanzaufsichtsbehörde Finma zu erlangen. Viele werden somit per Ende 2022 oder spätestens per Ende 2023 erstmals einen Jahresabschluss unter dem Status eines lizenzierten Vermögensverwalters erstellen. Was ändert sich damit beim Jahresabschluss und dessen Prüfung?
Als Erstes ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber abgesehen von den bestehenden Bestimmungen des Obligationenrechts – im Wesentlichen keine Vorschriften zur Rechnungslegung oder zur statutarischen Revision der Vermögensverwalter eingeführt hat. Einzige Verschärfung ist der Wegfall der Erleichterung von Artikel 957 Absätze 2 und 3 Obligationenrecht. Hiermit entfällt die Möglichkeit für Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös, lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage Buch führen zu müssen. Bezüglich Revision kann bei einem Vermögensverwalter somit, je nach Grösse und Optierung, eine ordentliche Revision, eine eingeschränkte Revision oder gar keine Revision erfolgen.
Mehr Pflichten
Diesen weitgehend unveränderten Vorgaben hinsichtlich Rechnungslegung und Revision stehen regulatorische Pflichten mit Bezug zu Themen der Jahresrechnung gegenüber.
• Artikel 22 Finig schreibt ein vollständig bar einbezahltes Mindestkapital von 100 000 Franken vor.
• Artikel 23 Finig verlangt, dass Vermögensverwalter über angemessene Eigenmittel verfügen. Sie müssen stets min- destens einen Viertel der Fixkosten der letzten Jahresrechnung (höchstens 10 Millionen Franken) betragen.
Bei den Vermögensverwaltern kommt nun neben der eventuell bereits erfolgten jährlichen statutarischen Jahresabschlussprüfung eine aufsichtsrechtliche Prüfung in Anwendung. Die fünf aktuell in der Schweiz zugelassenen Aufsichtsorganisationen nehmen die Aufsichtsprüfungen nicht selbst vor, sondern lassen sie via Beauftragung durch den Vermögensverwalter durch eine bei ihnen zugelassene Prüfgesellschaft vornehmen. Die aufsichtsrechtliche Prüfgesellschaft muss nicht der statutarischen Revisionsgesellschaft, die den Jahresabschluss prüft, entsprechen. Allerdings ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll, zwei verschiedene Prüfgesellschaften zu mandatieren. Die Vermögensverwalter sind im Rahmen ihrer bisherigen Mitgliedschaften bei Selbstregulierungsorganisationen bereits mit den Prüfungen zur Einhaltung der Geldwäschereivorgaben als zusätzliche Prüfungen zur eventuell erfolgten Jahresabschlussprüfung vertraut.
Umfangreichere Prüfungen
Die nun für die Aufsichtsorganisationen vorzunehmenden Prüfungen werden einiges umfangreicher ausfallen, da nun eine weitergehende prudenzielle Beaufsichtigung der Finanzintermediäre vorliegt. Neben der Einhaltung des Geldwäschereigesetzes sind die Einhaltung von Fidleg und Finig sowie jeweils zugehöriger Verordnungen zu bestätigen. Im Rahmen ihrer periodischen entsprechenden Prüfungen bestätigt die aufsichtsrechtliche Prüfgesellschaft unter anderem die Einhaltung verschiedener Vorgaben mit Bezug zur Jahresrechnung wie zum Beispiel die erforderlichen Eigenmittel. Für die Abgabe der entsprechenden Bestätigungen ohne grossen Zusatzaufwand muss eine zeitnahe, ordentlich revidierte Jahresrechnung vorliegen. Es kann sich nun jedoch aufgrund der Gesetzeslage ergeben, dass der aufsichtsrechtliche Prüfer anlässlich seiner Prüfung keine zeitnahe Jahresrechnung, eine nicht revidierte Jahresrechnung, eine nur eingeschränkt revidierte Jahresrechnung oder eine ordentlich revidierte Jahresrechnung vorliegen hat.
Für die Prüfgesellschaften ergeben sich je nach vorliegendem Sachverhalt verschiedene mögliche Herausforderungen. Im ungünstigsten Fall muss die aufsichtsrechtliche Prüfgesellschaft die Erstellung eines zeitnahen Abschlusses verlangen und diesen mindestens so weit prüfen, um die Einhaltung der Eigenmittelvorschriften verifizieren zu können.