ESRS: Europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der CSRD

Als Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsberichterstattung legt Set 1 der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) den Grundstein für eine europaweit einheitliche Sprache in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte.

Am 31. Juli 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission (EK) die endgültige delegierte Verordnung für das erste Paket („Set 1“) der Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) in allen Sprachen der Europäischen Union (EU) und legte damit den Grundstein für eine gemeinsame standardisierte Sprache zur Kommunikation und Verwaltung von Nachhaltigkeitsaspekten innerhalb der EU. Gleichzeitig veröffentlichte die Europäische Kommission Fragen und Antworten im Zusammenhang mit dem Erlass der ESRS. 

Die ESRS basieren auf der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), die am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt der Europäischen Union (Abl. EU) veröffentlicht wurde (siehe den von Mazars erstellten Focus) und bis spätestens 6. Juli 2024 in das nationale Recht aller EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss.  

Die delegierte Verordnung vom Juli 2023 stützt sich weitgehend auf frühere Arbeiten der EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group), der technischen Beratung der Kommission. Im November 2022 hatte die EFRAG der Europäischen Kommission den Entwurf für 12 allgemeine (sektorunabhängige) Standards vorgelegt. Die ESRS regeln sowohl den Inhalt als auch das Format von Informationen zu Nachhaltigkeitsthemen. Das Ziel ist, den Bedarf an qualitativ hochwertigen, vergleichbaren und relevanten Informationen zu decken. Die ESRS setzen die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen auf die gleiche Stufe wie die Finanzinformationen und definieren, welche qualitativen und quantitativen Informationen von Unternehmen erfasst werden müssen - sowohl rückblickend als auch zukunftsgerichtet. 

Wo liegen die größten Herausforderungen für Unternehmen? 

Die ESRS zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD stellen einen bedeutenden Wandel dar, da sie den Unternehmen neue und anspruchsvolle Transparenzverpflichtungen in Bezug auf ihr Engagement im Bereich Nachhaltigkeit auferlegen, insbesondere weil diese Informationen einer Prüfung unterzogen werden müssen (zu Beginn mit begrenzter Sicherheit über die Einhaltung der ESRS und in Zukunft möglicherweise mit hinreichender Sicherheit). 

Unternehmen sollten daher jetzt handeln, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, und darüber nachdenken, wie diese zusätzlichen Einblicke strategisch genutzt werden können, um ihre Nachhaltigkeits- und Unternehmensperformance zu steigern. In der praktischen Umsetzung sollten Unternehmen zuerst prüfen, ob sie in den Anwendungsbereich der CSRD fallen und wann sie erstmals zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den ESRS verpflichtet sind. 

Die Herausforderungen in der Anwendung dieser Standards hängen davon ab, ob das Unternehmen bereits von NFRD-Anforderungen betroffen ist und in welchem EU-Mitgliedstaat es ansässig ist (nachdem den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der NFRD in nationales Recht bedeutende Flexibilität eingeräumt wurde). 

In jedem Fall erfordert die erstmalige Anwendung der ESRS zumindest (i) eine Überprüfung der Bewertung der Wesentlichkeit unter Berücksichtigung sowohl der Wesentlichkeit der Auswirkungen als auch der finanziellen Wesentlichkeit, (ii) die Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette und (iii) eine gründliche Analyse der Angabepflichten (DR) und der dazugehörigen Datenpunkte, die in den ESRS angeführt sind, um zu ermitteln, welche wesentlichen Informationen offengelegt werden müssen, um die durch das Unternehmen identifizierten wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) in Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen abzudecken. 

Was sind die Hauptmerkmale der ESRS? 

Im Rahmen der ESRS wird bei den nachhaltigkeitsbezogenen Informationen ein doppelter Wesentlichkeitsansatz für das gesamte Spektrum der Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) verfolgt. Infolgedessen müssen die Unternehmen Informationen sowohl über (i) wesentliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Zusammenhang mit ihrer eigenen Tätigkeit und ihrer vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette als auch (ii) darüber offenlegen, inwiefern verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte aufgrund der von ihnen verursachten Risiken oder Chancen wesentliche finanzielle Auswirkungen haben. Abhängigkeiten von natürlichen, personellen oder sozialen Ressourcen können ebenfalls eine Quelle finanzieller Risiken oder Chancen sein. 

Das erste Set der ESRS deckt alle sektorunabhängigen Informationen ab; diese werden in Zukunft durch sektorspezifische Standards ergänzt. Darüber hinaus müssen gegebenenfalls auch unternehmensspezifische Informationen vorgelegt werden. 

Die Berichtsstruktur der ESRS orientiert sich an den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD). Die ESRS umfassen also die Bereiche Governance, Strategie, Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen sowie Metriken und Ziele. Diese Standards sollen den Bedürfnissen der Nutzer:innen im weitesten Sinne gerecht werden: nicht nur den Hauptnutzer:innen von Jahresabschlüssen (insbesondere Investor:innen), sondern auch anderen Nutzer:innen (einschließlich der Geschäftspartner:innen des Unternehmens, Gewerkschaften und Sozialpartner, Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen, Regierungen, Analyst:innen und Akademiker:innen). 

Set 1 umfasst 12 allgemeine (sektorunabhängige) Standards: zwei generelle (bereichsübergreifende) Standards und zehn themenbezogene Standards, darunter fünf zu Umweltfragen, vier zu sozialen Fragen und einen in Sachen Governance. 

Bei der Ausarbeitung der ESRS durch die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat diese darauf geachtet, dass ihre Vorschläge mit anderen EU-Rechtsvorschriften übereinstimmen, zum Beispiel mit der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) in Bezug auf die Indikatoren für die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen oder mit den Informationen, die in den technischen Regulierungsstandards für sektorunabhängige Angaben von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) im Rahmen von Pillar 3 gefordert werden. 

Die Nachhaltigkeitserklärungen müssen in einem klar erkennbaren Abschnitt des Lageberichts dargestellt werden – in digitaler Form unter Verwendung des European Single Electronic Format (ESEF) auf Basis einer noch folgenden XBRL-Taxonomie. 

Was kommt als Nächstes? 

Set 1 der ESRS wurde von der Europäischen Kommission 2023 durch delegierte Rechtsakte verabschiedet, bei denen eine Umsetzung in nationales Recht nicht erforderlich ist. In Zukunft wird der europäische Rahmen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung durch sektorspezifische Standards ergänzt, die für alle großen Unternehmen verpflichtend sind und zunächst zehn Sektoren abdecken. Zudem werden Standards für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Standards für Nicht-EU-Unternehmen und freiwillige Leitlinien für nicht börsennotierte KMU herausgegeben.  

In Bezug auf die Übergangsbestimmungen besteht die Möglichkeit für Unternehmen, die die ESRS erstmalig anwenden, den Ausweis von Vergleichsinformationen um ein Jahr zu verschieben. Darüber hinaus wurde beschlossen, einen stufenweisen Ansatz für bestimmte Themen einzuführen, insbesondere indem Informationen zur Wertschöpfungskette und zu potenziellen finanziellen Auswirkungen von wesentlichen umweltbezogenen Risiken und Chancen mit einem dreijährigen Aufschub versehen werden. 

Mit Blick auf die Zukunft bieten die ESRS eine solide Grundlage für die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsinformationen. In der Zwischenzeit sollten sich Unternehmen so schnell wie möglich darauf vorbereiten, die neuen Anforderungen zu erfüllen und sie zu einem strategischen Hebel für ihre Nachhaltigkeits- und Unternehmens-Performance zu machen. 

Ausführliche Informationen zur ESRS und ihre Auswirkungen erhalten Sie in unserem kompakten ESRS-Guide. 

Dokument

ESRS Guide 01/2024

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Michael Dessulemoustier-Bovekercke
Michael Dessulemoustier-Bovekercke Geschäftsführer

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Maria Riegler
Maria Riegler ESG & Sustainability Senior Consultant

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Julia Schwarenthorer
Julia Schwarenthorer ESG & Sustainability Consultant

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