Die Herausforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Im Vorfeld der RECON hat unsere Prokuristin und ESG-Expertin Elisabeth Hasler, bei Forvis Mazars über die anstehenden Herausforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung für große Unternehmen gesprochen.

Sehr geehrte Frau Hasler, mit 31. Dezember 2025 sind große Unternehmen und Gruppen verpflichtet, eine Nachhaltigkeitserklärung zu erstellen. Was ist jetzt konkret zu tun, wenn ich mich noch nicht intensiv damit beschäftigt habe?

Viele Unternehmen sind schon mitten drin in den Vorbereitungen für die Nachhaltigkeitserklärung. Aber es ist noch nicht zu spät, sich jetzt mit den nach der CSRD erforderlichen Anforderungen auseinanderzusetzen. Zu Beginn müssen die Verantwortlichkeiten definiert werden. Nur, wenn auch die Unternehmensleitung hinter dem Projekt steht, kann eine zeitgerechte Umsetzung stattfinden. Im nächsten Schritt ist zu analysieren, welche Unterlagen, Richtlinien und Vorgaben im Unternehmen bereits vorhanden sind. In den meisten Fällen ist das überraschend viel – oft nur nicht in einer strukturieren Form. Danach widmet man sich dem Herzstück der CSRD: der Wesentlichkeitsanalyse. Daraus definiert man dann die wichtigen Themen, über die berichtet werden soll, bereitet die Erläuterungen vor und ermittelt die entsprechenden Kennzahlen. Die in der Wesentlichkeitsanalyse definierten Risiken und Chancen sind dann auch in das Risikomanagement zu übernehmen. Zu guter Letzt wird der Nachhaltigkeitsbericht erstellt.

 

Elisabeth Hasler, ESG-Expertin und Prokuristin bei Forvis Mazars in Österreich

 

Das klingt alles sehr überschaubar – wo liegen tatsächlich die Herausforderungen?

Wie bereits erwähnt, ist die Wesentlichkeitsanalyse das Herzstück der CSRD. Mit der doppelten Wesentlichkeit werden im Rahmen der Impact Materiality die Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens auf die Umwelt und die Menschen erhoben (Inside – Out) – mit der finanziellen Wesentlichkeit die finanziellen Risiken und Chancen für das Unternehmen (Outside – In). Dabei werden nicht nur Angaben des Unternehmens selbst, sondern auch dessen Stakeholder berücksichtigt. Diese werden üblicherweise vorab definiert und in Form von Interviews, Fragebögen oder Workshops miteingebunden.

Die relevanten ESG-Auswirkungen werden anhand der Anforderungen von ESG-Rahmenwerken und Regulatorik erstellt; zusätzlich werden dabei auch noch branchen- bzw. unternehmensspezifische Themen berücksichtigt. Daraus ergibt sich dann eine Liste der möglicherweise relevanten Themen („Long List“). Die Ergebnisse der Stakeholder-Einbindung werden dann auch noch miteingearbeitet. Aus der Erfahrung hat sich gezeigt, dass es dabei aber kaum zu neuen Themen kommt, sondern dass die Wahrnehmung der Stakeholder bereits in den vom Unternehmen ermittelten Themen enthalten ist. Ein Thema kann dabei entweder aufgrund der Impact Materiality oder der finanziellen Wesentlichkeit oder aufgrund von beidem relevant sein.

Im Anschluss müssen diese Themen bewertet werden, um auf die für das Unternehmen zu berichtenden Themen zu kommen. Dazu werden die Themen hinsichtlich Schweregrad und Eintrittswahrscheinlichkeit sowie Unumkehrbarkeit beurteilt. Über welche Themen berichtet werden muss, legt der Schwellenwert fest. Auf einer Skala von z.B. 0 – 6 (wobei 0: keine Relevanz, 6: höchste Relevanz) bestimmt das Unternehmen jene Schwelle, ab der über ein Thema berichtet wird. Das Unternehmen muss dabei auch die Ermittlung der Schwelle begründen.

Das Unternehmen hat nun seine zu berichtenden Themen bestimmt. Wie geht es weiter?

Die Informationen, die berichtet werden müssen, finden sich in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Darin enthalten sind Querschnittsstandards (ESRS 1: Allgemeine Anforderungen und ESRS 2: Allgemeine Informationen), die von allen Unternehmen berichtet werden müssen. Das sind zum Beispiel Angaben über die Rolle der Geschäftsführung in der Governance oder die Interessen und Einbindung der Stakeholder.

Sektorunabhängige themenspezifische Standards geben an, welche Information in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance berichtet werden müssen. Das können z.B. Informationen über die eigenen Mitarbeiter:innen oder Wasser- und Meeresressourcen sein. Bei den themenspezifischen Standards ist zu beachten, dass die Angaben nur für die davor ermittelten wesentlichen Themen veröffentlicht werden müssen. Davon ausgenommen ist nur der Standard ESRS E 1: Anpassung an den Klimawandel: wenn das Unternehmen aufgrund der Wesentlichkeitsanalyse zu dem Ergebnis kommt, dass dieses Thema nicht relevant ist, dann muss in der Nachhaltigkeitserklärung begründet werden, warum das Unternehmen zu diesem Schluss gekommen ist, da die CSRD grundsätzlich davon ausgeht, dass alle Unternehmen früher oder später vom Klimawandel betroffen sein werden.

Weiters für 2024 geplant sind noch sektorspezifische und KMU-spezifische Standards sowie solche für Unternehmen außerhalb der EU.
Und was ist im Hinblick auf die EU-Taxonomie zu tun?

Unternehmen, die unter die CSRD fallen, müssen auch ihre taxonomiefähigen sowie taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten in der Nachhaltigkeitserklärung berichten. Dabei ist zu beachten, dass die Wesentlichkeit keine Rolle spielt und auch nicht, ob es sich bei der Wirtschaftsaktivität um das Kerngeschäft eines Unternehmens handelt oder nicht. Als ersten Schritt nimmt man den Katalog der Wirtschaftsaktivitäten zur Hand und überlegt, welche Aktivitäten vom Unternehmen durchgeführt werden. Nur eine Wirtschaftstätigkeit, die in der Taxonomie enthalten ist, ist auch taxonomiefähig, was bedeutet, dass beispielsweise der Handel keine taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeit ist.

Um taxonomiefähig zu sein, muss eine Wirtschaftsaktivität folgende Kriterien erfüllen:

  • Wesentlicher Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele
  • Keine erhebliche Beeinträchtigung der anderen Umweltziele („do no significant harm principle“)
  • Einhaltung von Minimumstandards betr. soziale & Governance – Aspekte (z. B. OECD-Richtlinie für Menschenrechte)

Als Hilfestellung kann man dazu die technischen Bewertungskriterien der delegierten Rechtsakte der Kommission verwenden, die Rubriken auf Sektorebene und die zugehörigen NACE-Codes enthalten, auf die man sich bei der Bewertung stützen kann.

Folgende Kennzahlen sind für die ermittelten Wirtschaftsaktivitäten anzugeben:

  • Anteil der Umsatzerlöse aus taxonomiefähigen (mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten verbundenen) Aktivitäten
  • Anteil der Investitionen, die sich auf Vermögenswerte oder Prozesse beziehen, die mit taxonomiefähigen Aktivitäten verbunden sind
  • Anteil der Betriebsausgaben, die sich auf Vermögenswerte oder Prozesse beziehen, die mit taxonomiefähigen Aktivitäten verbunden sind

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass viele taxonomiefähige Wirtschaftsaktivitäten, die nur zu einem geringen Anteil an taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten führen, bedeuten, dass das Unternehmen grundsätzlich „grüner“ produzieren/agieren könnte, es aber derzeit (noch) nicht macht.

Der Inhalt der Nachhaltigkeitserklärung ist nun bekannt. Wie kommt das Unternehmen nun zu seinen Daten?

Bei einer Gruppe müssen alle Angaben für denselben Konsolidierungskreis angegeben werden, wie für die finanzielle Berichterstattung. Üblicherweise gibt es dazu eine Konsolidierungssoftware. Manche Anbieter haben auch schon Erweiterungstools, die die ESG-relevanten Daten verwalten und konsolidieren können. Aber auch alternative Anbieter, die nur ESG-Daten verarbeiten, können meist mit einer Schnittstelle and die bereits vorhandene Software angeknüpft werden. Bis man eine solche Software installiert hat, wird man sich wohl mit einem Tabellenkalkulationsprogramm behelfen, was aber natürlich fehleranfällig ist und in dem auch Änderungen nicht immer gut nachvollziehbar dokumentiert sind.

Jedenfalls ist es notwendig, sich bereits jetzt mit der Dateneinholung zu befassen, damit ab 1. Jänner 2025 alle auch in den Tochtergesellschaften verantwortlichen Personen wissen, welche Daten sie erheben, und wo diese Daten eingetragen und an wen sie gemeldet werden müssen.
Sind alle Daten zusammengetragen und die notwendigen Informationen verfügbar, kann die Nachhaltigkeitserklärung aufgestellt werden.