Medizinische Beratung per Telefon umsatzsteuerbefreit?
Das EuGH-Urteil betraf einen Rechtsstreit zwischen einer GmbH und dem Finanzamt, welches sich weigerte, telefonische Beratungen zu verschiedenen Gesundheits- und Krankheitsthemen sowie telefonische Patientenbegleitprogramme für an chronisch oder lang andauernden Krankheiten leidende Patient:innen, die von der GmbH im Auftrag gesetzlicher Krankenkassen erbracht wurden, von der Umsatzsteuer zu befreien.
Grundsätzlich sind Leistungen, die selbstständige Ärzt:innen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen ihrer Heilbehandlung an Patient:innen erbringen, von der Umsatzsteuer unecht steuerbefreit. Das bedeutet, dass die Ärzt:innen für ihre Heilbehandlungen keine Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen haben, gleichzeitig aber auch nicht die Vorsteuer aus Vorleistungen geltend machen können. Umfasst sind speziell die Kerntätigkeiten der Ärzt:innen, wie die Untersuchung der Patient:innen auf Krankheiten und das Verschreiben von Medikamenten.
Therapeutische Zielsetzung
Nun wurde klargestellt, unter welchen Voraussetzungen telefonisch erbrachte Beratungen unter die Umsatzsteuerbefreiung für Kerntätigkeiten der Ärzt:innen fallen. Demnach ist für die Umsatzsteuerbefreiung insbesondere entscheidend, dass damit eine therapeutische Zielsetzung verfolgt wird und somit unter den Begriff der „Heilbehandlung im Bereich Humanmedizin“ fällt. Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin wiederum sind Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen, sowie zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. In den Umsatzsteuerrichtlinien ist nun auch explizit festgehalten, dass diese Tätigkeit auch telefonisch erfolgen können.
Laut EuGH ermöglichen im vorliegenden Fall die Beratungen, die darin bestehen, die in Betracht kommenden Diagnosen und Therapien zu erläutern sowie Änderungen der durchgeführten Behandlungen vorzuschlagen, es der betroffenen Person, ihre medizinische Situation zu verstehen und gegebenenfalls entsprechend tätig zu werden, insbesondere indem sie ein bestimmtes Arzneimittel einnimmt oder nicht einnimmt; die Beratungen können daher einen therapeutischen Zweck verfolgen und somit unter den Begriff „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ fallen.
Leistungen, die bloß in der Erteilung allgemeiner Auskünfte über Erkrankungen oder Therapien bestehen und nicht zur Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit beitragen, fallen hingegen nicht unter die Umsatzsteuer-Befreiung. Dies gilt auch für die Erteilung von Auskünften administrativer Art, wie zum Beispiel die Kontaktdaten der Ärzt:innen.