Krankenhausreform: Fusionen von Krankenhäusern sollen bis 2030 ohne wettbewerbsrechtliche Überprüfung zulässig sein
Krankenhausreform: Fusionen von Krankenhäusern
Nach der bisherigen Gesetzgebung findet unter den jeweiligen Voraussetzungen auch im Krankenhausbereich die Fusionskontrolle Anwendung, um das Entstehen von Monopolstrukturen und eine damit möglicherweise einhergehende Einschränkung der freien Wahl durch die Patient*innen zu verhindern. Mit dem Ziel einer dadurch beschleunigten Zentralisierung und Spezialisierung der Krankenhauslandschaft soll diese Regelung im Zuge der Krankenhausreform nun für einen befristeten Zeitraum gelockert werden.
Fusionen bis 2030 ohne wettbewerbsrechtliche Hürde – mit Entscheidungskompetenz der Länder
Bereits im Rahmen der 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) wurde die Fusionskontrolle für Krankenhäuser zumindest bis Ende 2027 eingeschränkt. Nach dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) sollen Zusammenschlüsse von Krankenhäusern nunmehr bis Ende 2030 ohne eine Fusionskontrolle möglich sein. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass mit dem Zusammenschluss eine standortübergreifende Konzentration von Krankenhäusern oder einzelnen Fachrichtungen verbunden ist, die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden schriftlich bestätigen, dass sie den Zusammenschluss zur Verbesserung der Krankenhausversorgung für erforderlich halten und dieser bis zum 31. Dezember 2030 vollzogen wird. Zudem hat die zuständige Landesbehörde vor Erteilung der Bestätigung zu prüfen, ob nach den vorliegenden Erkenntnissen andere wettbewerbsrechtliche Gründe gegen einen Zusammenschluss sprechen. Um die wettbewerbsrechtlichen Aspekte besser nachvollziehen und würdigen zu können, soll sich die Behörde hierüber auch mit dem Bundeskartellamt abstimmen, wobei dieses keine eigenen Ermittlungen anstellen muss.
Ziele: Förderung von Spezialisierung und Zentralisierung
Die Krankenhausreform sieht eine grundlegende Umstrukturierung des Krankenhauswesens vor, die durch die erleichterten Fusionen unterstützt werden soll. Geplant sind 65 Leistungsgruppen, die bundesweit einheitliche Vorgaben für Personal und technischer Ausstattung in Krankenhäusern festlegen. Zudem wird eine Vorhaltevergütung eingeführt, die künftig 60 Prozent der bisherigen diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) ausmachen soll.
Ein weiterer Bestandteil der Reform sind sektorübergreifende Versorgungseinrichtungen die sicherstellen sollen, dass die Patientenversorgung wohnortnah erfolgt. Diese Maßnahmen fördern die Zentralisierung und Spezialisierung von Krankenhäusern, was letztlich dazu beitragen soll die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern.
Den Inhalt der Reform insgesamt haben unsere Kollegen Dr. Moritz Ulrich und Alexander Greiff bereits in vergangen Ausgaben des Forvis Mazars Newsletter Healthcare ausführlich kommentiert (vgl. u.a. Ausgaben 01/2023 und 02/2023).
Evaluierung und Anpassungen ab 2031
Die Ausnahmeregelung zur wettbewerbsrechtlichen freien Fusion soll bis 2030 gelten und wird spätestens nach sechs Jahren durch das Bundeswirtschaftsministerium evaluiert. Die Prüfung soll zeigen, ob die Regelung zur angestrebten Zentralisierung und Spezialisierung beigetragen und die Versorgungsqualität sich verbessert hat. Nach der Übergangsphase (ab 2031) sollen Fusionen ohne wettbewerbsrechtliche Prüfung nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Krankenhäuser, die einen Antrag auf finanzielle Förderungen aus dem Krankenhausstrukturfonds oder dem Transformationsfonds beantragt haben, sind demnach weiterhin von der wettbewerbsrechtlichen Prüfung ausgenommen. Der Transformationsfonds unterstützt finanziell Umstrukturierungen von Krankenhäusern von 2026 bis 2035.
Zu wenig Wettbewerb?
Mit Blick auf die qualitätssichernde Wirkung des Wettbewerbs wird die Abschaffung der Fusionskontrolle u.a. von Prof. Dr. Justus Haucap kritisch gesehen. Der Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf kommentiert die entsprechenden Pläne der Reform in der Wirtschaft und Wettbewerb – WuW, deren Mitherausgeber er ist. Prof. Haucap verweist darauf, dass der ohnehin schon unvollständige Wettbewerb durch die Reform weiter geschwächt würde, worunter in der Folge auch die Behandlungsqualität leiden könnte. Unbestritten sei hierbei, dass Krankenhäuser eine gewisse Mindestgröße bräuchten, um qualitativ hochwertige Leistungen anbieten zu können. Dieses Kriterium stehe aber nicht alleine, sondern ein Anreiz für Qualitätssteigerung werde eben auch durch den Wettbewerb gesetzt. Entscheidend hierbei sei mitunter der Umstand, dass in Deutschland ein erheblicher Teil der Einweisungen durch niedergelassene Ärzte erfolge, die zudem Empfehlungen für Patienten aussprechen. Durch diesen Umstand rücke die medizinische Behandlungsqualität durchaus ins Zentrum des Krankenhauswettbewerbs. Gestützt würden diese Befunde durch die Sektorenuntersuchung des Bundeskartellamtes im September 2021, wonach Krankenhäuser mit höherer Behandlungsqualität mehr Patienten gewinnen können, sodass im Wettbewerb um Behandlungsfälle die Behandlungsqualität in den Fokus rücke. Wenig überraschend sehen daher auch das Bundeskartellamt und die Monopolkommission die geplante Neuregelung kritisch.
Fazit und Ausblick
Die Abschaffung der Fusionskontrolle dürfte ohne Zweifel die Konzentration und Spezialisierung fördern, da möglichen Zusammenschlüssen wie etwa dem der Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim, dem das Bundeskartellamt kürzlich einen Riegel vorschob, leichter umzusetzen sind. Ob hiermit allerdings auch eine bessere Behandlungsqualität der Patienten gefördert wird, darf bezweifelt werden. Es besteht jedenfalls das Risiko, dass die Abschaffung der qualitätssichernden Wirkung des Wettbewerbs gegen das Interesse der Patienten läuft.
Der Bundestag hatte die Krankenhausreform bereits im Oktober verabschiedet. Eine sich zunächst andeutende Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat mit dem Ziel einer Verbesserung der Reform fand in der Sitzung vom 22. November 2024 keine Mehrheit, so dass diese wie geplant zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt. In einer begleitenden Entschließung fordern die Länder allerdings Nachbesserungen im Zuge der Umsetzung der Reform, insbesondere im Hinblick auf den weiteren Bürokratieabbau, die Anforderungen der Facharztbesetzungen sowie die Vorhaltefinanzierung.
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Healthcare-Newsletter 4-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.