Besteuerung angesichts der Herausforderungen der digitalen Wirtschaft

Die „GAFAs“ (Google, Apple, Facebook und Amazon), jene auf die neuen Technologien spezialisierten Riesen, die einen Innovationsvektor darstellen und zugleich die Angst vor einer ökonomisch-politischen Hypermacht symbolisieren, haben den Wertschöpfungsprozess der Unternehmen neu erfunden, was die Staaten vor bisher unbekannte steuerliche Herausforderungenstellt. Die heute geltenden internationalen Steuervorschriften für Unternehmen sind gerade im Hinblick auf die globalisierte und digitalisierte Wirtschaft nicht mehr zeitgemäss und erfassen beispielsweise keine Geschäftsmodelle, mit denen ohne physische Präsenz in einem Land keine Gewinne erwirtschaftet werden können. Dies betrifft unter anderem die erzielten Gewinne oder den steuerpflichtigen Betrag, die sich aus den neuen Geschäftsmodellen ergeben.

So ist beispielsweise das internationale Steuerrecht derzeit nicht in der Lage, die lokalisierten Aktiva, welche die Grundlage für die Wertschöpfung von LinkedIn, Twitter, Facebook oder Instagram bilden, konkret zu bestimmen. Ist es die bezahlte Werbung auf ihre Webseite? Ihr Goodwill? Ihre Portfolios an geistigem Eigentum? Der Beitrag der Internetnutzer durch ihre Austauschaktivitäten? Oder ist es letztlich ihre Fähigkeit, eine bestimmte Menge an Informationen oder Daten über ihre Abonnenten zu sammeln?

Wie sehen die künftigen national übergreifenden Aktionspläne aus?

Im Rahmen des Pflichtenhefts zum gemeinsamen Projekt der OECD und G20 gegen Gewinnkürzung und Gewinnveranlagung multinationaler Unternehmen („Base Erosion and Profit Shifting – BEPS“) wurden die internationalen Steuerauswirkungen der digitalen Wirtschaft als eines der Kernthemen ermittelt. Es wurde festgestellt, dass die Wertschöpfungsmechanismen der Unternehmen der digitalen Wirtschaft den Staaten schaden, deren Steuereinnahmen drastisch gekürzt werden, da die Unternehmen ihre Steuern nicht in den Ländern zahlen, in denen sie eine Aktivität führen. Sie schaden auch den Unternehmen selbst, die nun einem Reputationsrisiko ausgesetzt sind. Schliesslich sind sie für den Hauptwert der Steuer insgesamt von Nachteil, weil das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit  untergraben wird.

Parallel zu den Arbeiten der OECD kündigte die EU-Kommission im März dieses Jahres Übergangsmassnahmen an, die gelten sollen, bis 2020 ein internationaler Konsens in dieser Frage erzielt worden ist. Es sei daraufhinzuweisen, dass sich die OECD-Staaten bislang über die Einführung vorläufiger Massnahmen nicht einigen konnte, da befürchtet wird, dass diese Massnahmen in einigen Ländern zu einer Über- oder Doppelbesteuerung führen könnten.

Insgesamt zielen die Legislativvorschläge darauf ab, eine gerechte Besteuerung von digitalen Unternehmen in der Europäischen Union zu gewährleisten.

Die Kommission schlägt die Einführung einer Übergangssteuer auf bestimmte Erträge aus digitalen Tätigkeiten vor, die derzeit in der EU überhaupt nicht besteuert werden. Grund für diese Nichtbesteuerung ist, dass bei diesen digitalen Tätigkeiten die Nutzer eine wichtige Rolle bei der Wertschöpfung spielen und dies mit den aktuellen Steuervorschriften schwierig zu erfassen ist.  Zweck dieser Übergangssteuer ist, dass Tätigkeiten, die derzeit nicht besteuert werden, nun besteuert und direkte Einnahmen für die Mitgliedstaaten geschaffen würden.

Der Gesetzgebungsvorschlag der EU-Kommission will folgende Erträge aus Tätigkeiten erfassen:

a) Erträge aus der Nutzung und dem Verkauf von Online-Werbeflächen;

b) Erträge aus digitalen Vermittlungsgeschäften, die Nutzern erlauben, mit anderen Nutzern zu interagieren und die den Verkauf von Gegenständen und Dienstleistungen zwischen ihnen ermöglichen;

c) Der Erlös aus dem Verkauf von Daten, die von den Nutzern auf digitalen Trägern generiert wurden.

Der Steuersatz, der auf die oben genannten Tätigkeiten angewendet werden soll, beträgt 3% gemäss Kommissionsvorschlag.

Damit kleinere Start-ups und KMUs nicht belastet würden, gilt die Besteuerung nur für Unternehmen, die folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllen:

  • Der vom Unternehmen für das betreffende Geschäftsjahr weltweit erzielte Gesamtjahresumsatz beträgt 750 Mio. EUR.
  • Der Gesamtjahresumsatz, den das Unternehmen in der EU in dem betreffenden Geschäftsjahr erwirtschaftet hat, beträgt mindestens 50 Mio. EUR.

Die von der Kommission vorgeschlagene Lösung sieht ein System vor, bei dem die Gewinne nach dem Standort des Nutzers zum Zeitpunkt des Verbrauchs besteuert werden sollen.

Wie ist die Position der Schweiz?

Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF hat sich eingehend mit der Frage der Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft befasst und eineAnalyse erstellt. Diese Analyse dient als Grundlage für die Position der Schweiz innerhalb der OECD.

Dem Grundsatz, Steuern dort zu erheben, wo die Wertschöpfung erzielt wird, schliesst sich die Schweiz ohne weiteres an. Ziel ist es, Doppel- und Überbesteuerung – und somit eine Behinderung und Benachteiligung der digitalisierten Wirtschaft, insbesondere von Start-ups und KMUs – zu minimieren.

Bis zur Umsetzung dieses national übergreifenden Ansatzes empfiehlt die Schweiz als kurzfristige Massnahme eine Abgabe auf digitale Transaktionen, die nur auf die digitale Werbung von grossen Unternehmen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von über 750 Mio. EUR geschuldet ist und eine Sunset-Klausel enthält. Die Sunset-Klausel im Rahmen einer Massnahme sorgt dafür, dass die Massnahme so zielgerichtet und eng als möglich ausgestaltet wird und sowohl auf in- wie ausländische Unternehmen anzuwenden ist und zeitlich beschränkt gilt. Demnach soll eine Abgabe gezielt eingesetzt und möglichst begrenzt werden, um eine Doppel- oder Überbesteuerung zu vermeiden.

Es ist unbestreitbar, dass die steuerlichen Herausforderungen, die sich aus einer digitalisierten Wirtschaft ergeben, in Form eines koordinierten Ansatzes angegangen werden müssen, um eine langfristige, multilaterale Lösung zu finden, die eine gerechte Besteuerung der digitalen Wirtschaft gewährleistet und gleichzeitig ihr künftiges Wachstum ermöglicht und fördert.

 

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