Keine Firmenwagenbesteuerung für Arbeitswege aufgrund stillschweigender Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte

Soll ein Arbeitnehmer eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers nur gelegentlich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsuchen, seine Arbeitsleistung im Übrigen aber ganz überwiegend außerhalb dieser Einrichtung erbringen, so liegt darin keine (stillschweigende) Zuordnung des Arbeitnehmers zu der betrieblichen Einrichtung (BFH, Urteil vom 14. September 2023 – VI R 27/21).

Sachverhalt

Ein Bauunternehmen beschäftigte einen Bauleiter, dessen „Einstellungsort“ im Arbeitsvertrag benannt war. Ihm stand ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. In seinen Lohnsteuer-Anmeldungen und den Lohnabrechnungen für den Bauleiter berücksichtigte das Bauunternehmen bei der Firmenwagenbesteuerung den Zuschlag für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (sogenannte 0,03 %-Regelung). Ansonsten gab es keinen festgelegten Tätigkeitsort oder Anweisungen dazu.

Das Finanzamt nahm am „Einstellungsort“ eine erste Tätigkeitsstätte an und hielt an der 0,03 %-Regelung fest. Dagegen klagte der Bauleiter erfolgreich. Der BFH stellte im Ergebnis fest, dass der Bauleiter über keine erste Tätigkeitsstätte verfügte.

Entscheidung des BFH

Die bloße Angabe des Einstellungsorts im Arbeitsvertrag beinhaltet keine Zuordnung zu einer bestimmten betrieblichen Einrichtung wie z. B. einem Niederlassungsgebäude. Die Angabe des Einstellungsorts stellt hier lediglich eine organisatorische Zuordnung dar. Das wird dadurch bestätigt, dass der Bauleiter seinem Arbeitgeber Tätigkeiten schuldete, die ganz überwiegend außerhalb des Niederlassungsgebäudes zu erbringen waren. Da keine weiteren Anweisungen oder Regelungen zum Arbeitsort bestanden, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien von einer ausdrücklichen Zuordnung abgesehen haben.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch keine Zuordnung durch schlüssiges Verhalten, nur weil der Bauleiter einzelne, zu seinem Berufsbild gehörende Tätigkeiten (wie Arbeitsbesprechungen oder Projektauftaktgespräche und gelegentliche Schreibtischtätigkeiten) im Niederlassungsgebäude erbringt bzw. zu erbringen hat. Solch geringfügige Tätigkeiten allein führen nicht zu einer Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung, so der BFH.

Eine konkludente Zuordnung folgt auch nicht aus der (fälschlichen) Anwendung der 0,03 %-Regelung durch den Arbeitgeber bei der Firmenwagenversteuerung, selbst wenn darin eine gewisse Indizwirkung liegt.

Bedeutung für die Praxis

Ob Beschäftigte über eine erste Tätigkeitsstätte verfügen und wo sich diese befindet, ist für die steuerliche Behandlung von Reisekosten, Fahrtkosten für Arbeitswege und vor allem auch bei der Firmenwagenbesteuerung relevant. Hierzu gibt es immer wieder Diskussionen mit den Finanzämtern, die sich oft schnell aufgrund einzelner Indizien festlegen. Dem kann in Zukunft die hier dargestellte BFH-Entscheidung entgegengehalten werden. Allerdings ist dabei zu beachten, dass vor allem die Besonderheiten des konkreten Sachverhalts den Ausschlag gegeben haben. Bei großzügigen Verallgemeinerungen der Entscheidungsgrundsätze ist also Vorsicht geboten.

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Autorin

Ines Otte
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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