FG-Urteile zur offenbaren Unrichtigkeit der Feststellung des Einlagekontos

Das FG Saarland und das FG Düsseldorf haben über die häufige Streitfrage zur Änderung der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO entschieden. Das steuerliche Einlagekonto wurde in beiden Sachverhalten vom Steuerpflichtigen aus Versehen fehlerhaft mit 0 € angegeben und vom Finanzamt so übernommen und festgestellt. Damit konnten die Steuerpflichtigen keinerlei steuerfreie Mittel aus den Gesellschaften auskehren, obwohl sie materiell dazu berechtigt gewesen wären. Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 7. September 2023 (7 K 677/22 F) der Änderung stattgegeben, wohingegen vom FG Saarland mit Urteil vom 20. April 2023 (1 K 1381/19) keine offenbare Unrichtigkeit festgestellt wurde.

FG Düsseldorf, Urteil vom 7. September 2023 (7 K 677/22 F)

Die Klägerin erklärte den festzustellenden Betrag des Einlagekontos fehlerhaft mit 0 €. Aus der miteingereichten Bilanz war die Fehlerhaftigkeit der Angabe ersichtlich. Denn darin wurde eine neue Kapitalrücklage ausgewiesen, nachdem der Bestand des Einlagekontos zum Ende des Vorjahres noch 0 € betrug. Das Finanzamt setzte das steuerliche Einlagekonto mit 0 € fest.

Die Klägerin beantragte eine Änderung des Bescheids nach § 129 AO mit dem Ziel der Berücksichtigung der getätigten Einlage, was vom zuständigen Finanzamt abgelehnt wurde. Dagegen wendete sich die Klägerin mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf.

Nach der bisherigen Rechtsprechung kann eine offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 129 AO auch dann vorliegen, wenn eine Übernahme der offenbar fehlerhaften Angaben des Erklärenden durch das Finanzamt erfolgt (sog. Übernahmefehler).

Eine Unrichtigkeit ist laut Rechtsprechung dann offenbar, wenn die Unrichtigkeit für jeden unvoreingenommenen Dritten bei Offenlegung des Sachverhalts klar und eindeutig als solche erkennbar ist.

Grundsätzlich beschränken sich offenbare Unrichtigkeiten auf mechanische Fehler wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Laut Rechtsprechung kann eine offenbare Unrichtigkeit auch bei der Nichtangabe eines Wertes vorliegen.

Das FG Düsseldorf erkennt mit Urteil vom 7. September 2023 an, dass mit der Angabe von 0 € für das steuerliche Einlagekonto eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, wenn aus der beigefügten Bilanz erkennbar ist, dass dieser Wert unrichtig ist.

FG Saarland, Urteil vom 20. April 2023 (1 K 1381/19)

Hier wurde ebenfalls über die Änderung eines Bescheids zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit entscheiden. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos wurde von der Steuerpflichtigen versehentlich mit 0 € angegeben und vom Finanzamt auch in dieser Höhe festgestellt.

Das FG Saarland argumentiert grundsätzlich übereinstimmend mit dem FG Düsseldorf, allerdings war in diesem Fall nach Meinung des FG die Unrichtigkeit nicht offenbar. Die Unrichtigkeit ließe sich nicht einfach aus der Bilanz erschließen, sondern hätte weitere Sachverhaltsermittlungen erfordert. Denn anders als im Fall des FG Düsseldorf war im Fall des FG Saarland keine neue erste Kapitalrücklage gebildet worden, aus der man unmittelbar den Zuführungsbetrag zum Einlagekontos ablesen konnte. Es gab schon aus der Vergangenheit Rücklagen, sodass man die Zuführung zur Kapitalrücklage ausrechnen musste. Nach Auffassung des FG Saarland sind bei der Prüfung einer offenbaren Unrichtigkeit dem Grunde nach keine weiteren Sachverhaltsermittlungen erforderlich. Die Unrichtigkeit ist nur offenbar, wenn sie ohne Weiteres sofort erkennbar ist.

Bedeutung für die Praxis

Das steuerliche Einlagekonto hat eine große Bedeutung für mögliche steuerfreie Auszahlungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter. Dabei geht es sowohl um die ursprüngliche Einlage als auch um spätere Kapitalerhöhungen bzw. Einlagen. Da es sich dabei nicht um Gewinne handelt, soll deren spätere Rückzahlung auch nicht als Gewinnausschüttung besteuert werden. Maßgebend ist dann der durch gesonderten jährlichen Bescheid festgestellte Betrag des Einlagekontos.

Die beiden Urteile zeigen, dass den Steuerpflichtigen bei versehentlichen fehlerhaften Angaben zum Betrag des Einlagekontos auch nach Ablauf der Einspruchsfrist § 129 AO noch helfen kann, einen geänderten Bescheid über den Betrag des Einlagekontos zu bekommen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Fehler bereits bei Einreichung der Steuererklärung für das Finanzamt ohne weitere Sachverhaltsermittlung erkennbar ist. Es ist also von Vorteil, nicht mit der Einreichung von Belegen bei der Steuererklärung zu geizen. Sie können sich als Rettungsanker für die Erkennbarkeit des Fehlers erweisen.

Autor*innen: Bernd Schult, Milena Gunter

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