Besteuerungsgrundsätze für die Leistungen ausländischer Stiftungen und Trusts an inländische Steuerpflichtige
Leistungen ausländischer Stiftungen und Trusts
Satzungsmäßige Leistungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre
Satzungsmäßige Leistungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre unterliegen nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer, da die Leistungen insoweit nicht freigebig erfolgen, sondern die Stiftung ihren Pflichten aus der Satzung nachkommt (BFH, Urteil vom 3. Juli 2019 – II R 6/16).
Satzungsmäßige Leistungen inländischer Familienstiftungen unterliegen mangels Freigebigkeit ebenfalls nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer (BFH, Urteil vom 13. April 2011 – II R 45/09).
Leistungen von ausländischen Stiftungen an inländische Destinatäre sind nur dann nach
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar, wenn sie eindeutig gegen den Satzungszweck verstoßen.
Die Maßgeblichkeit des Satzungszwecks folgt laut BFH aus der Vergleichbarkeit insbesondere mit einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Ausschüttung. Die Stiftung verfolgt einen Stiftungszweck wie eine Gesellschaft ihren Gesellschaftszweck und verfügt wie eine Gesellschaft über ein von dem oder den Gründern geschaffenes Statut, an das ihre Organe gebunden sind. Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern sind Zuwendungen, die dem Gesellschaftszweck dienen, in der Regel ebenfalls als gesellschaftsrechtlicher Vorgang (z. B. als Gewinnausschüttung) und nicht als freigebige Zuwendung zu beurteilen.
Das Finanzamt trägt die Feststellungslast für diejenigen Umstände, die zu einer eindeutigen Überschreitung des Satzungszwecks und damit zur Steuerpflicht nach§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führen. Ob bzw. inwieweit eine Leistung als satzungswidrig zu beurteilen ist, richtet sich grundsätzlich nach der Stiftungssatzung und dem jeweiligen Ausschüttungsbeschluss der verantwortlichen Stiftungsorgane. Bei der Prüfung der Satzungskonformität einer Zuwendung ist ein den Stiftungsorganen gesetzlich oder satzungsmäßig zugebilligter Beurteilungs- und Ermessenspielraum zu berücksichtigen. Nur eine unvertretbare Auslegung des Satzungszwecks führt zu einem Verstoß gegen selbigen.
Satzungsmäßige Leistungen ausländischer Stiftungen an Zwischenberechtigte i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 Hs. 2 ErbStG
Satzungsmäßige Leistungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre unterliegen nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 Hs. 2 ErbStG der Schenkungsteuer, soweit der Destinatär als Zwischenberechtigter anzusehen ist. Zwischenberechtigter i. S. d.
§ 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 Hs. 2 ErbStG ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss Leistungen aus dem Stiftungsvermögen und/oder den Erträgen der Stiftung rechtlich beanspruchen kann (z. B. aufgrund eines dinglichen Rechts oder in Gestalt schuldrechtlicher Ansprüche). Jedenfalls bedarf es eines rechtlich verfestigten Titels.
Das Vorliegen einer derartigen Zwischenberechtigung richtet sich nach der Stiftungssatzung und eventuellen ergänzenden vertraglichen Bestimmungen sowie der tatsächlichen Handhabung durch die Beteiligten. Eine derartige Zwischenberechtigung kann beispielsweise anzunehmen sein, wenn der Berechtigte in der Satzung/dem Statut namentlich oder anderweitig eindeutig benannt wird, Höhe und Zeitpunkt der Leistung bereits konkretisiert werden und Ansprüche nicht anderweitig explizit ausgeschlossen werden. Demgegenüber genügt es für eine Zwischenberechtigung nicht, wenn ein Stiftungsorgan im Rahmen des Stiftungszwecks nach seinem Ermessen entscheidet, ob eine Zuwendung erfolgt, an welche Empfänger, in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt.
Besteuerungsgrundsätze für Leistungen ausländischer Trusts an inländische Steuerpflichtige
Der BFH hat die Grundsätze zur Besteuerung von Ausschüttungen ausländischer Stiftungen an ihre Destinatäre in seinem Urteil vom 25. Juni 2021 (II R 31/19) auf Ausschüttungen anderer Vermögensmassen ausländischen Rechts, einschließlich angloamerikanischer Trusts, ausgedehnt.
Der BFH hat insbesondere die Auslegung des Begriffs „Zwischenberechtigter“
i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 Hs. 2 ErbStG auf ausländische Trusts übertragen. Zuvor hatte der BFH mit Urteil vom 27. September 2012 (II R 45/10) noch entschieden, dass Zwischenberechtigte alle Personen seien, die während des Bestehens des Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten. Dieser noch sehr weitgehenden allgemeinen Formulierung lag allerdings ein Sachverhalt zugrunde, der wohl auch nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung unter § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 Hs. 2 ErbStG gefasst worden wäre.
Unter Bezugnahme auf die Feststellungslast der Finanzbehörden für steuerbegründende Tatsachen verweist der BFH aber auch auf die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten gemäß § 90 Abs. 2 AO und führt an, dass es bei Ausschüttungen aus einer ausländischen Vermögensmasse dem Empfänger obliegt, die Tatsachen darzulegen und ggf. die erforderlichen Beweismittel dafür zu beschaffen, dass ihm nach Maßgabe des einschlägigen Rechts kein Anspruch auf die Ausschüttung zugestanden hat und die jeweils zuständigen Organe der Vermögensmasse in der Entscheidung über die Person des Empfängers und die Höhe der Ausschüttung rechtlich und tatsächlich frei gewesen waren.
Im Hinblick auf ertragsteuerliche Aspekte hat der BFH das Vorliegen einer unzulässigen doppelten Erfassung desselben Lebenssachverhaltes angezweifelt, wenn über § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 AStG Vermögen und Einkünfte der ausländischen Vermögensmasse dem Stifter oder den Berechtigten ohne eine Ausschüttung bereits zugerechnet werden, während die Schenkungsteuer ausdrücklich an die Ausschüttung anknüpft. Ungeachtet dessen sieht der BFH bei solchen Fällen keinen verfassungsrechtlichen Verstoß bei Zusammentreffen von Schenkungsteuer und Einkommensteuer.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidungen des BFH und der Erlass der Finanzbehörde Hamburg enthalten einen guten Leitfaden für die schenkungsteuerliche Beurteilung und Gestaltung von Leistungen ausländischer Stiftungen und Trusts an inländische Steuerpflichtige und sorgen für Klarheit hinsichtlich der Feststellungslast und Mitwirkungspflichten der Beteiligten.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass Vermögen und Einkommen von ausländischen Stiftungen und Trusts in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Begünstigten nach
§ 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 AStG zugerechnet und der deutschen Einkommensteuer unterworfen werden können, unabhängig davon, ob im jeweiligen Zeitraum tatsächlich Ausschüttungen erfolgen.
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.