Keine Kapitalertragsteuerpflicht einer Gewinnausschüttung im Rückwirkungszeitraum in Einbringungsfällen

Nach dem BFH erfasst die steuerliche Rückwirkung bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft auch den Fall einer im Rückwirkungszeitraum beschlossenen und vollzogenen „offenen Gewinnausschüttung“ der übernehmenden Gesellschaft an den einbringenden Gesellschafter (BFH, Beschl. v. 12. April 2022 – VIII R 35/19).

Hintergrund

Gemäß § 20 UmwStG kann ein Betrieb im Wege der Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile eingebracht werden. Die Einbringung kann dabei nach § 20 Abs. 5 und Abs. 6 S. 2 UmwStG mit steuerlicher Rückwirkung erfolgen. In diesem Fall sind das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtag übergegangen wäre.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, welche in 2016 durch Ausgliederung zur Neugründung als übernehmende Rechtsträgerin entstanden ist. Alleingesellschafter der Klägerin war C, der sein Einzelunternehmen mit steuerlicher Rückwirkung zum 2. Januar 2016 auf die neu gegründete Klägerin zu Buchwerten ausgegliedert hatte. Zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehörte die Beteiligung an der D-GmbH. Der notarielle Ausgliederungsvertrag und der Gesellschaftsvertrag der Klägerin datieren vom 29. August 2016.

Am 24. August 2016 und damit im Rückwirkungszeitraum vereinnahmte das Einzelunternehmen des C eine Gewinnausschüttung der D-GmbH (die steuerlich aufgrund der Rückwirkung der Klägerin zuzurechnen war). Am 25. August 2016 fasste C als Alleingesellschafter der Klägerin i. Z. mit der Umbuchung eines Betrags vom Betriebs- auf das Privatkonto von C einen „Gesellschafterbeschluss“ über eine „Gewinnausschüttung“. Gegen die von ihr in diesem Zusammenhang abgegebenen Kapitalertragsteuer-Anmeldung legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Aufhebung und Rückerstattung. In der Einspruchsbegründung wies sie darauf hin, dass sie aufgrund der mit steuerlicher Rückwirkung vollzogenen Einbringung fehlerhaft davon ausgegangen sei, die Zahlung sei als Gewinnausschüttung zu behandeln. Es handele sich jedoch um eine Entnahme gemäß § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG, auf die keine Kapitalertragsteuer einzubehalten sei.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück und nahm eine „Weiterausschüttung“ der Ausschüttung der D-GmbH durch die Klägerin an. Das Finanzgericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Das Finanzamt legte Revision ein.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigt in seinem Beschluss, dass die Zahlung vom 25. August 2016, die der Kapitalertragsteuer-Anmeldung der Klägerin zugrunde lag, als Entnahme aus dem Einzelunternehmen im Sinne des § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG gilt. Die Entnahme im Rückwirkungszeitraum sei noch dem eingebrachten Einzelunternehmen zuzurechnen, da die Regelung des § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags nicht für Entnahmen und Einlagen gelte, welche nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag während des Rückwirkungszeitraums erfolgen. Ob eine Weiterausschüttung der Klägerin an C vorlag, könne im Rahmen der streitgegenständlichen Kapitalertragsteuerfestsetzung vom 25. August 2016 nicht beantwortet werden, da diese nicht Gegenstand der Anmeldung war.

Praxishinweis

Die Gewinnausschüttung der D-GmbH ist aufgrund der rückwirkenden Einbringung nicht mehr dem Einzelunternehmen, sondern der übernehmenden Gesellschaft (Klägerin) zuzurechnen. Folglich fällt die Gewinnausschüttung von der D-GmbH an die Klägerin unter die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG. 

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Autor

Eike Christian Horsch
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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