Rückwirkende Änderung der Unterschiedsbetragsbesteuerung geplant

Ein aktueller Gesetzentwurf zur Änderung der Tonnagesteuerregelung (§ 5 a EStG) sieht eine Neuregelung hinsichtlich des Zeitpunkts der Besteuerung des Unterschiedsbetrags eines Mitunternehmers vor. Diese Gesetzesinitiative hat den folgenden Hintergrund:

Nach dem aktuellen gesetzlichen Wortlaut muss ein Mitunternehmer den auf ihn entfallenden Unterschiedsbetrag in dem Jahr seines Ausscheidens aus der Schiffsgesellschaft versteuern (§ 5 a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG). Die Finanzverwaltung versteht diese Regelung dahingehend, dass damit die Fälle einer entgeltlichen Veräußerung des Mitunternehmeranteils gemeint sind. In den Fällen der Übertragung oder Einbringung zu Buchwerten (z. B. § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG) soll der Unterschiedsbetrag hingegen nicht aufgelöst werden, sondern auf den Anteilserwerber übergehen (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 31.10.2008, BStBl. I 2008, 956). Gemäß dieser Verwaltungsauffassung entsprach es langjähriger Besteuerungspraxis, insbesondere in Erb- und Schenkungsfällen den Unterschiedsbetrag nicht beim Schenker aufzulösen, sondern beim Erwerber fortzuführen. Auch wenn der Mitunternehmer seine Schiffsbeteiligung zu Buchwerten z. B. in eine ihm gehörende Holdinggesellschaft nach § 24 UmwStG eingebracht hat, entsprach es gängiger Praxis, den Unterschiedsbetrag nicht bei dem einbringenden Gesellschafter zu besteuern, sondern bei der übernehmenden Gesellschaft fortzuführen.

Nachdem einzelne Finanzämter in den vergangenen Jahren bestimmte Einbringungsfälle als Gestaltungsmissbrauch werteten und den Unterschiedsbetrag beim Einbringenden sofort besteuerten, kam es zu entsprechenden Rechtsstreitigkeiten. In der Folge hat der BFH mehrfach entschieden, dass der Begriff des Ausscheidens in § 5 a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG jedes Ausscheiden eines Gesellschafters umfasst, d. h. jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunternehmerstellung, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet (BFH 28.11.2019, IV R 28/19, BFH/NV 2020, 412; BFH 29.4.2020, IV R 17/19, BFH/NV 2020, 1058).

Um diese Rechtsprechung des BFH teilweise zu korrigieren, schlägt nun der Bundesrat eine Änderung des § 5 a EStG vor (im Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz – AbzStEntModG, BT-Drucksache 19/27632). Die Bundesregierung hat sich diesem Vorschlag angeschlossen. Danach soll auch in Einbringungsfällen (§§ 20 und 24 UmwStG) der Unterschiedsbetrag sofort beim Einbringenden aufgelöst und besteuert werden. In Schenkungs- und Erbfällen soll der Unterschiedsbetrag hingegen auf den Rechtsnachfolger übergehen. Diese Neuregelung soll zeitlich rückwirkend für alle Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 1998 beginnen.

Es ist schon an und für sich erstaunlich, dass eine Steuerrechtsänderung mit einer Rückwirkung von 22 Jahren herbeigeführt werden soll. Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ist die rückwirkende Herbeiführung von Besteuerungsfolgen in der Vergangenheit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur in engen Grenzen möglich. Diese Grenzen, die jedenfalls dort überschritten werden, wo Steuerpflichtige auf den Bestand der Rechtslage vertrauen durften, werden in dem Gesetzentwurf bisher nicht in dem gebotenen Maß berücksichtigt.

Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten.

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