FG Köln – Kein Wegfall eines verrechenbaren Verlusts i. S. d. § 15 EstG nach § 8c KStG FG Köln, Urteil v. 28. Oktober 2021

Nach einem Urteil des FG Köln vom 28. Oktober 2021 – 1 K 2563/17 (Revision eingelegt, Az. beim BFH: IV R 27/21) ist die Regelung des § 8c KStG zum Untergang von steuerlichen Verlusten bei der Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einer Körperschaft nicht auf verrechenbare Verluste i. S. d. § 15a EStG anzuwenden (entgegen BMF-Schreiben vom 28. November 2017 – IV C 2-S 2745-a/09/10002, BStBl. I 2017, 1645).

Sachverhalt

Die in Liquidation befindliche Klägerin, eine zu einem inländischen Immobilienkonzern gehörende GmbH, war im Streitjahr als Kommanditistin an einer im Immobilieninvestment-Bereich tätigen GmbH & Co. KG (S-KG) beteiligt. Die S-KG erzielte aus ihrer Geschäftstätigkeit hohe Verluste. Die ihr aus der Stellung als ertragsteuerliche Mitunternehmerin der S-KG zuzurechnenden Verlustanteile führten zu einem hohen negativen Kapitalkonto der Klägerin und unterlagen infolgedessen, soweit deren Voraussetzungen vorlagen, der steuerlichen Abzugsbeschränkung nach § 15a EStG. Aufgrund dessen wurde für die Klägerin ein verrechenbarer Verlust i. S. d. § 15a Abs. 4 EStG gesondert festgestellt. Hinzu kam ein im Streitjahr 2014 entstandener laufender Verlust.

Im Jahre 2013 war die Konzernobergesellschaft M-AG, deren 100%ige Enkelgesellschaft die Klägerin war, in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Als wesentliche Sanierungsmaßnahme wurde bei der M-AG im Streitjahr ein sog. Debt-Equity-Swap durchgeführt, der bei ihr zu einem vollständigen Anteilseignerwechsel führte.

Aufgrund des Anteilseignerwechsels ging das für die S-KG zuständige Finanzamt (FA) grundsätzlich vom Eingreifen der Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG bei der M-AG und den im Konzern nachgeschalteten Körperschaften, einschließlich der Klägerin, aus. Streitig ist, ob damit nach dieser Vorschrift auch die auf die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Mitunternehmerin der S-KG bis zum Stichtag des Anteilseignerwechsels entfallenden verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG, d. h. die festgestellten Verluste aus den Vorjahren sowie der anteilige laufende Verlust aus dem Streitjahr, weggefallen sind.

Das FA erstreckte die Anwendung des § 8c KStG auch auf die verrechenbaren § 15a-EStG-Verluste. Diese Sichtweise wurde vom FA - auch im weiteren Verfahrensverlauf – ausschließlich auf die entsprechende Verwaltungsauffassung (s. BMF-Schreiben vom 28. November 2017 – IV C 2-S 2745-a/09/10002, BStBl. I 2017, 1645, Tz. 2) gestützt. Gegen den auf dieser Grundlage ergangenen Verlustfeststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG für 2014 legte die feststellungsbeteiligte Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren form- und fristgerecht Klage ein.

Entscheidung

Das FG Köln hat mit Urteil vom 28.10.2021 einen Untergang der streitgegenständlichen verrechenbaren Verluste i. S. d. § 15a EStG gemäß § 8c Abs. 1 KStG verneint und der Klage daher vollumfänglich stattgegeben.

Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor, sind gemäß § 8c Abs. 1 S. 1 (frühere Fassung: S. 2) KStG die bis zu diesem schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) vollständig nicht mehr abziehbar. Hierunter fallen aber nach dem FG Köln nicht die verrechenbaren § 15a-EStG-Verluste der Klägerin aus ihrer Kommanditbeteiligung an der S-KG. Denn § 8c KStG betrifft ausschließlich „nicht genutzte Verluste“ einer Körperschaft. Die Regelung des § 15a EStG führe jedoch dazu, dass Verluste einer Personengesellschaft bei Bestehen eines negativen Kapitalkontos überhaupt nicht zur Körperschaft „dringen“ können und auf der Ebene der Körperschaft somit noch keine etwaig nutzbaren Verluste darstellen.

§ 15a EStG schränkt den Verlustabzug eines beschränkt haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft ein. Der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust aus der Personengesellschaft darf danach weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen oder von diesen abgezogen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Soweit das Ausgleichs- bzw. Abzugsverbot greift, dürfen die Verluste nur mit zukünftigen Gewinnen aus der Beteiligung verrechnet werden (sog. verrechenbare Verluste).

Verrechenbare Verluste einer Mitunternehmerschaft werden steuerlich daher noch nicht dem jeweiligen Kommanditisten zugerechnet, sondern ausschließlich auf Ebene der Mitunternehmerschaft im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung berücksichtigt und dort „gesperrt“. Diese Verluste haben sich damit wirtschaftlich auf der Ebene der Körperschaft noch nicht gewinnmindernd ausgewirkt. Eine wirtschaftliche Belastung mit den § 15a-EStG-Verlusten tritt auf der Ebene der Mitunternehmer-Körperschaft vielmehr erst dann ein, wenn (und soweit) später Gewinne entstehen bzw. die Personengesellschaft liquidiert oder der Mitunternehmeranteil veräußert wird. Erst zu diesem Zeitpunkt handele es sich aus Sicht der Körperschaft um „neue Verluste“ (vgl. Dennisen/ Frankus, DB 2017, 443, 445).

Ein wegen § 15a EStG zunächst nicht zur Körperschaft durchdringender verrechenbarer Verlust sei auch nicht zwangsläufig mit negativen Gesamteinkünften i. S. d. § 8c KStG bei der Körperschaft verbunden. Durch einen Anteilseignerwechsel bei der Körperschaft würden damit nicht unbedingt Gesamtverluste „weitergereicht“, auf die § 8c KStG anzuwenden wäre (vgl. Zerwas/Fröhlich, DStR 2007, 1933, 1936).

Im Streitfall lagen deshalb die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Verlustwegfall nach § 8c KStG nicht vor. Auf die nach wie vor bestehenden allgemeinen Zweifel an der Verfassungskonformität der Abzugsbeschränkung nach § 8c KStG (siehe hierzu das beim BVerfG unter Az. 2 BvL 19/17 anhängige Verfahren) kam es daher im Streitfall nicht an. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das FG Köln die Revision zugelassen.

Praxishinweis

Im Urteil vom 28. Oktober 2021 hat das FG Köln der derzeitigen Verwaltungsauffassung zur Erstreckung des Anwendungsbereichs der Abzugsbeschränkung nach § 8c KStG auf verrechenbare Verluste i. S. d. § 15a EStG eine klare Absage erteilt. Aus Sicht der Steuerpflichtigen ist diese Entscheidung zu begrüßen.

Die Entscheidung des FG Köln ist u. E. systematisch und inhaltlich zutreffend. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Regelung des § 15a EStG – anders als z. B. § 10a GewStG – gerade keinen Verweis auf § 8c KStG enthält.

Selbst wenn man – entgegen der überzeugenden Auffassung des erkennenden Gerichts – annehmen würde, dass derartige Verluste grundsätzlich vom Wortlaut der Vorschrift erfasst würden, wäre § 8c KStG aus unserer Sicht im Hinblick auf § 15a-EStG-Verluste zur Vermeidung von überschießenden, dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechenden, steuerlichen Belastungswirkungen teleologisch zu reduzieren. Die verrechenbaren Verluste einer Mitunternehmerschaft stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Nachversteuerungspotenzial, das im negativen Kapitalkonto eines Kommanditisten widergespiegelt wird. Der Kommanditist muss demnach in der Vergangenheit angefallene Verluste nachversteuern, wenn und soweit das negative Kapitalkonto (z. B. bei Veräußerung des Mitunternehmeranteils) aufgelöst wird. Dieser Nachversteuerung stehen in der Regel verrechenbare Verluste i. S. d. § 15a EStG gegenüber. Ein schädlicher Beteiligungswechsel i. S. d. § 8c KStG lässt das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten unberührt. Wegen § 8c KStG wegfallende verrechenbare Verluste i. S. d. § 15a EStG stünden in der Folge nicht mehr zum Ausgleich eines Gewinns aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos zur Verfügung. Die Körperschaft müsste daher in der Vergangenheit angefallene Verluste der Personengesellschaft nachversteuern, obwohl diese sich bei ihr zu keinem Zeitpunkt steuerlich ausgewirkt haben (Dennisen/ Frankus, DB 2017, 443, 446).

Gegen einen Verlustwegfall nach § 8c KStG spricht schließlich auch der Vergleich mit der Vorgängerregelung zum Mantelkauf, denn § 8 Abs. 4 KStG a. F. erfasst keine verrechenbaren § 15a-EStG-Verluste.

Die Sichtweise des FG Köln zur Nichtanwendbarkeit des § 8c KStG auf verrechenbare Verluste i. S. d. § 15a EStG wird auch von der wohl herrschenden Ansicht im Schrifttum geteilt (z. B. Roser, in: Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 8c, Rn. 28c; Brandis, in: Brandis/Heuermann, § 8c KStG, Rn. 24; Dennisen/ Frankus, DB 2017, 443; Mühlhausen, Ubg 2015, 207; Zerwas/Fröhlich, DStR 2007, 1933).

Die Gerichtsentscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Das unterlegene FA hat zwischenzeitlich Revision gegen das erstinstanzliche Urteil des FG Köln eingelegt. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter Az. IV R 27/21 anhängig. Damit wird der BFH Gelegenheit zur höchstrichterlichen Klärung dieser Rechtsfrage erhalten.

Entsprechende Steuerbescheide sollten – neben der beim BVerfG anhängigen Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG – auch im Hinblick auf die Auffassung des FG Köln offengehalten werden.

Autoren

Thomas Otto
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Thomas Dennisen
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 1-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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