Wichtige Entscheidung des OVG Münster zu Abwassergebühren

Beschränkung von Wiederbeschaffungszeitwerten und kalkulatorischer Verzinsung
18.05.2022 – In einem Musterverfahren (Az.: OVG NW 9 A 1019/20) hat das OVG Münster gestern (17. Mai 2022) zwei wichtige Feststellungen zu Grundlagen der Gebührenkalkulation in Nordrhein-Westfalen getroffen. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen stehen damit vor erheblichen Gebührenrückforderungen. Aber die Entscheidung kann auch bundesweite Bedeutung haben.

Zum einen erklärte das Oberverwaltungsgericht eine Kombination von Abschreibungen auf Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten und einer kalkulatorischen Verzinsung bei der Gebührenkalkulation für unzulässig. Abschreibungen und Zinsen dürfen nur so berechnet werden, dass sie die tatsächlichen Kosten für die Anlagen nicht überschreiten. Andernfalls sind sie zur stetigen Erfüllung der Aufgaben der Abwasserbeseitigung im Sinne der gesetzlichen Anforderung nicht erforderlich. Eine Kombination aus Abschreibung und Verzinsung beinhalte aber einen doppelten Inflationsausgleich und widerspreche damit dem Kalkulationszweck.

Zum anderen hält das Gericht es bei einer einheitlichen Verzinsung für angemessen, den zehnjährigen (statt einem fünfzigjährigen) Durchschnitt dieser Geldanlagen ohne einen Zuschlag zugrunde zu legen, wonach sich für das Jahr 2017 ein Zinssatz von lediglich 2,42 % (statt bisher: 6,52 %) ergäbe.

Mit diesem Urteil änderte das Gericht seine bisherige Rechtsprechung mit Geltung für Nordrhein-Westfalen grundlegend. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen müssen dringend ihre Gebührenkalkulation prüfen und ggf. anpassen.

Ob und inwieweit die Feststellungen auf andere Bundesländer übertragbar sind, ist nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben jeweils gesondert zu prüfen.

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