Erbschaftsteuerreform – es ist vollbracht!
Fast zwei Jahre wurde um eine Einigung zur Erbschaftsteuerreform gerungen. Im September haben sich Bund und Länder unter dem Druck des BVerfG, das sein Eingreifen angesichts des erfolglosen Ablaufs der dem Gesetzgeber gesetzten Frist angedroht hatte, nun endlich auf einen Kompromiss verständigt. Mit dieser Einigung war eine große Hürde überwunden. Dieser Reformvorschlag hat am 29.9.2016 den Bundestag und am 14.10.2016 auch den Bundesrat passiert, sodass die Reform der Erbschaftsteuer mit ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft treten wird.
Das Prinzip der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen bleibt in seinen Grundzügen erhalten. Auch in Zukunft gelten die bekannten Verschonungsmodelle, wenn die Behaltensfristen eingehalten werden, die Nachfolger das erworbene Unternehmen also fünf bzw. sieben Jahre im Wesentlichen unverändert fortführen. Für die Höhe der Verschonungen ist jedoch zukünftig der Wert des übertragenen Unternehmensvermögens entscheidend: Für Vermögensübertragungen bis 26 Mio. Euro bleiben der Verschonungsabschlag von 85 % bei der Regelverschonung bzw. von 100 % bei der Optionsverschonung bestehen. Für Unternehmensvermögen zwischen 26 Mio. Euro und 90 Mio. Euro schmelzen die Abschläge mit zunehmendem Unternehmenswert bis auf 0 Euro ab. Und für Vermögensübertragungen von mehr als 90 Mio. Euro kommt überhaupt kein Verschonungsabschlag mehr zur Anwendung.
Wenn der Erwerber eines Großunternehmens nachweist, dass er die Erbschaftsteuer nicht aus 50 % seines miterworbenen oder bereits vorhandenen Privatvermögens leisten kann, kann anstelle des Abschmelzmodells ein Erlass der Erbschaftsteuer beantragt werden. Der Unternehmensnachfolger muss dem Finanzamt im Rahmen einer Bedürfnisprüfung dann allerdings seine persönlichen Vermögensverhältnisse vollständig offenlegen. Auch hier gilt es, das Unternehmen unter Einhaltung der Mindestlohnsumme fortzuführen.
Es gelten unverändert die Behaltensfristen von fünf Jahren bei der Regelverschonung und sieben Jahren bei der Optionsverschonung, um die Vergünstigungen dauerhaft zu behalten. Während dieser Zeit muss das Unternehmen fortgeführt werden und die Arbeitsplätze müssen erhalten bleiben. Die Lohnsummenregelung gilt nun schon bei mehr als fünf Arbeitnehmern. Dabei gibt es eine neue größenabhängige Staffelung der während der Behaltensfrist einzuhaltenden Lohnsumme.
Ein besonderer Abschlag auf den Unternehmenswert ist für Familienunternehmen vorgesehen, deren Gesellschaftsverträge dazu Beschränkungen für Entnahmen/Gewinnausschüttungen und Abfindungen bei Ausscheiden sowie die Einschränkung der Übertragung auf Familienangehörige enthalten müssen. Diese Beschränkungen müssen im Gesellschaftsvertrag zwei Jahre vor und zwanzig Jahre nach der Übertragung bestehen.
An dem bisherigen System des begünstigten Vermögens und der Negativabgrenzung des Verwaltungsvermögens wird festgehalten. Das Verwaltungsvermögen wird jedoch künftig nicht mehr mitbegünstigt, lediglich 10 % des Verwaltungsvermögens werden wie begünstigtes Vermögen behandelt. Die Anwendung der Regelverschonung ist bei einer Verwaltungsvermögensquote von mehr als 90 % zur Vermeidung missbräuchlicher Steuergestaltungen ausgeschlossen. Für die Anwendung der Optionsverschonung wird eine maximale Verwaltungsvermögensquote von 20 % zugelassen. Zur Ermittlung des Verwaltungsvermögens gibt es darüber hinaus viele neue Regelungen von Detailaspekten.
Die Erbschaftsteuer für begünstigtes Betriebsvermögen kann im Erbfall für maximal sieben Jahre gestundet werden. Im ersten Jahr erfolgt die Stundung zinslos, anschließend wird der gestundete Betrag mit 6 % p. a. verzinst. Bedingung ist wiederum die Unternehmensfortführung unter Einhaltung der Mindestlohnsumme.
Erfreulich ist, dass für die im Bewertungsgesetz geregelte Unternehmensbewertung eine Anpassung des Kapitalisierungsfaktors auf 13,75 vorgesehen ist, was bei den derzeitigen Zinsbedingungen zu deutlich geringeren und damit i. d. R. realistischeren Unternehmenswerten führen wird.
Das neue Erbschaftsteuergesetz soll rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft treten. Der neue Kapitalisierungsfaktor bei der Unternehmensbewertung soll bereits für Bewertungen ab dem 1.1.2016 gelten.
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 5/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.