Entwurf eines Wachstumschancengesetzes – Pläne für die E-Rechnung
Entwurf eines Wachstumschancengesetzes
Am 8. Dezember 2022 hat die EU-Kommission einen Entwurf dazu vorgelegt, wie sie sich die Digitalisierung der umsatzsteuerlichen Rechnungsstellungs- und Meldepflichten vorstellt – VAT in the Digital Age (ViDA). Das BMF hat zügig nachgezogen und den Verbänden einen Gesetzesentwurf zur Diskussion vorgelegt. Das Ergebnis ist in den Entwurf des Wachstumschancengesetzes eingegangen und sieht nun großzügige Übergangsregelungen vor.
Die geplanten Regelungen zur E-Rechnung im Überblick
- Neue Definition: Nur noch Rechnungen nach dem Standard der Richtlinie 2014/55/EU gelten als elektronische Rechnungen (E-Rechnung). Alles andere ist eine „sonstige Rechnung“, d. h., nicht nach diesem Standard elektronisch übermittelte Rechnungen sind keine E-Rechnungen im Sinne des Gesetzes.
- Die E-Rechnung wird grundsätzlich ab dem 1. Januar 2025 verpflichtend für
- im Inland steuerbare und steuerpflichtige/ nach § 4 Nr. 1-7 UStG steuerfreie Umsätze
- von im Inland ansässigen Unternehmern
- an andere im Inland ansässige Unternehmer für deren Unternehmen.
Ein im Inland ansässiger Unternehmer ist dabei ein Unternehmer, der hier seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, die an dem Umsatz beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das schwierige Thema der Doppelansässigkeit wird hier nicht behandelt, aber es darf wohl davon ausgegangen werden, dass diese Fälle auch hier nach den allgemeinen Grundsätzen der MwStVO zu lösen sind.
- Der Zustimmung des Empfängers zur E-Rechnung bedarf es nicht mehr, wenn die E-Rechnung verpflichtend ist. In den Fällen, in denen die E-Rechnung nicht verpflichtend ist, z. B. wenn der Ort der Leistung zwar im Inland liegt, aber der Leistende und/oder der Empfänger hier nicht ansässig ist, bedarf eine E-Rechnung (so wie eine sonstige elektronische Rechnung) weiterhin der Zustimmung des Empfängers.
- Die Frist zur Ausstellung der Rechnung bleibt zunächst bei sechs Monaten; wenn auch die Umstellung auf das elektronische „Nahezu-Echtzeit“-Meldesystem vollzogen ist, wird die Frist nach dem Entwurf der EU-Kommission nur noch zwei Tage betragen.
- Großzügige Übergangsregeln sorgen dafür, dass diejenigen, die das möchten, noch recht lange alles beim Alten belassen können:
- Für Umsätze zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2025 kann bis zum 31. Dezember 2025 statt einer E-Rechnung auch eine „sonstige Rechnung“ ausgestellt werden – in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier.
- Für Umsätze zwischen dem 1. Januar 2026 und dem 31. Dezember 2027 kann bis zum 31. Dezember 2027 statt einer E-Rechnung auch eine „sonstige Rechnung“ ausgestellt werden, wenn sie über EDI übermittelt wird. Papierrechnungen sind nicht mehr zulässig.
- In beiden Fällen muss der Empfänger zustimmen, wenn er eine andere elektronische Rechnung bekommen soll, die keine E-Rechnung im Sinne der Definition ist. Einer Papierrechnung muss er nicht zustimmen.
- Die Kriterien der Echtheit der Herkunft der Rechnung, der Unversehrtheit ihres Inhalts und ihrer Lesbarkeit werden in § 14 Abs. 3 UStG-E neu zusammengefasst, inhaltlich aber weiterhin nicht konkretisiert.
- Fahrausweise und Kleinbetragsrechnungen bleiben von den Neuregelungen ausgenommen.
Nach dem ViDA-Zeitplan der EU-Kommission sollen die Mitgliedstaaten bereits ab 2024 E-Rechnungen verpflichtend einführen dürfen. Da dies den Mitgliedstaaten nach der aktuellen Fassung von Art. 218 MwStSystRL jedoch noch nicht gestattet ist, hängt die Bundesregierung mit ihrem Gesetzesvorhaben von dem ViDA-Zeitplan ab, dessen Einhaltung nicht gesichert ist. Allerdings hat Deutschland, wie bereits andere Mitgliedstaaten zuvor, am 23. Juni 2023 eine individuelle Ermächtigung erhalten, in Abweichung von Art. 218 und 232 MwStSystRL eine Verpflichtung zur E-Rechnung einzuführen, die nicht von der Zustimmung des Empfängers abhängt. Also: Die E-Rechnung kommt, und Unternehmen sollten sich soweit noch nicht geschehen damit auseinandersetzen. Die Themen dürften vor allem IT-technischer Natur sein, weil sichergestellt werden muss, dass die E-Rechnung den Anforderungen der Richtlinie 2014/55/EU genügt. Im Auftrag der Europäischen Kommission hat das Europäische Komitee für Normung (CEN) zur Umsetzung der Richtlinie ein semantisches Datenmodell der Kernelemente einer elektronischen Rechnung definiert. Für die Umsetzung sollte ein*e Expert*in für IT im umsatzsteuerlichen Kontext herangezogen werden.
Stand: 03.08.2023
Autorin
Nadia Schulte
Tel.: +49 211 83 99 330