Welche Unternehmen sind von der EU-Entwaldungsverordnung betroffen?

Bei der im Juni 2023 in Kraft getretenen EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) handelt es sich um eine auf Produkte bezogene Verordnung, die darauf abzielt, entwaldungsfreie Lieferketten sicherzustellen und die weltweite Entwaldung zu reduzieren. Auf diese Weise soll die EUDR zur Erfüllung des EU Green Deals beitragen.

Produkte, die in der EU auf den Markt gebracht oder exportiert werden, dürfen nicht mit Entwaldung, Waldschädigung oder Verletzungen der Rechte indigener Völker in Verbindung stehen. Zu diesem Zweck verpflichtet die EUDR Unternehmen zur Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten, wie etwa der Sammlung von Informationen sowie Risikobewertungs- und Risikominderungsmaßnahmen.

Bei den betroffenen Produktgruppen handelt es sich beispielsweise um Kakao, Kaffee, Palmöl, Gummi, Soja, Holz, Rind und die daraus hergestellten Produkte. Eine exakte Liste der Produkte findet sich in Anhang I der Verordnung. Anhand der KN-Codes können Unternehmen prüfen, welche ihrer Waren betroffen sind.

Die EUDR sieht keinen Schwellen- oder Volumenwert für die betroffenen Rohstoffe oder Produkte vor. Alle EU-Unternehmen, die diese Produkte auf den EU-Markt bringen oder exportieren, unterliegen somit der EUDR, unabhängig von der Menge.

Der Umfang der zu erfüllenden Sorgfaltspflichten richtet sich nach der jeweiligen Rolle des Unternehmens in der Wertschöpfungskette und danach, ob es sich um kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) handelt oder nicht, da die Sorgfaltspflichten für KMU vereinfacht wurden. Grundsätzlich unterscheidet die EUDR zwischen Marktteilnehmer:innen und Händler:innen.

Marktteilnehmer:innen sind Unternehmen, die die entsprechenden Rohstoffe oder Produkte im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit erstmals in Verkehr bringen (z. B. durch Import) oder exportieren. Zu den Marktteilnehmer:innen zählen auch Unternehmen, die ein relevantes Produkt zu einem anderen betroffenen Produkt verarbeiten, z. B. wenn aus Kakaobutter Schokolade hergestellt wird. In diesem Fall sind sowohl das Unternehmen, das die Kakaobutter importiert, als auch das Unternehmen, das daraus Schokolade herstellt und auf den Markt bringt betroffen.

Händler:innen hingegen sind alle Unternehmen, die entsprechende Produkte auf dem Markt bereitstellen, wie etwa Supermärkte.

 

Welche Sorgfaltspflichten müssen erfüllt werden?

Die EUDR gibt folgende Schritte vor:

  • Sammlung von Informationen
  • Risikobewertung
  • Maßnahmen zur Risikominderung
  • Abgabe einer Sorgfaltserklärung
  • Berichterstattung

 

Sammlung von Informationen

Im ersten Schritt müssen Unternehmen relevante Informationen zu den betroffenen Produkten sammeln. Dazu gehören eine Beschreibung des jeweiligen Produkts, Mengenangaben, Angaben zum Herkunftslandland, Lieferantendaten (Name, Adresse, E-Mail-Adresse), ein Nachweis, dass die Produkte entwaldungsfrei sind, sowie die Geolokalisierung des Grundstücks, auf dem die betroffenen Waren hergestellt wurden.

Die Offenlegung der Geolokalisierung des Grundstücks (unter Angabe der genauen Breiten- und Längenkoordinaten), auf dem die betroffenen Waren hergestellt wurden, ist ein neuer Aspekt der EUDR. Bei früheren Vorschriften mussten lediglich das Produktionsland oder die Region bestimmter Rohstoffe angegeben werden.

 

Risikobewertung

Der Informationssammlung folgt die Risikobewertung. Dabei werden die entsprechenden Informationen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung überprüft und bewertet. Ziel der Risikobewertung ist es festzustellen, ob die Produkte EUDR-konform sind oder nicht.

Die EUDR sieht bestimmte Kriterien vor, die bei der Risikobewertung zu berücksichtigen sind. Hierzu zählt beispielsweise das Vorhandensein von Wäldern und indigenen Völkern im Produktionsland, die Häufigkeit der Entwaldung, das Ausmaß der Korruption im Produktionsland, die Komplexität der Lieferkette oder die Verlässlichkeit der bereitgestellten Informationen. Es dürfen nur Produkte ohne bzw. mit vernachlässigbarem Risiko auf dem EU-Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden.

 

Maßnahmen zur Risikominderung

Werden Risiken identifiziert, muss das Unternehmen Risikominderungsmaßnahmen gemäß EUDR ergreifen. Es kann weitere Informationen, Daten oder Dokumente von Vorlieferanten anfordern, Vor-Ort-Besuche oder Audits durchführen oder sich in der Kapazitätsentwicklung, z. B. durch die Unterstützung von Kleinbauern, engagieren. Wenn Maßnahmen zur Risikominderung umgesetzt wurden und das Risiko der Entwaldung dadurch beseitigt oder auf ein vernachlässigbares Maß reduziert wurde, dürfen die Produkte auf den EU-Binnenmarkt gebracht werden.

 

Sorgfaltserklärung

Um die Einhaltung der EUDR nachzuweisen, müssen Unternehmen über das EU-Informationssystem eine sogenannte Sorgfaltspflichterklärung an die nationale Behörde übermitteln. Über eine API (Application Programming Interface) können Unternehmen auf das Informationssystem zugreifen.

Die Sorgfaltspflichterklärung bestätigt, dass ein Produkt nicht aus einem Gebiet stammt, das nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurde, und ist Voraussetzung für den Import, Export und den Handel der betroffenen Produkte innerhalb des EU-Marktes. Für jedes betroffene Produkt ist eine Sorgfaltspflichterklärung zu erstellen und je Charge anzugeben.

 

Berichterstattung

Zu den EUDR-Anforderungen gehört auch die öffentliche Berichterstattung. Dies kann beispielsweise über das CSRD-Reporting erfolgen. Zu den Inhalten des Berichts gehören eine Übersicht über Informationen zu relevanten Produkten (z. B. Handelsname, Menge, Produktionsland), Schlussfolgerungen der Risikobewertung, ergriffene Maßnahmen, Erläuterung der für die Risikobewertung verwendeten Informationen und Nachweise und gegebenenfalls eine Beschreibung des Prozesses zur Einbindung indigener Völker, lokaler Gemeinschaften und zivilgesellschaftlicher Organisationen.

 

Wie unterscheiden sich die Sorgfaltspflichten für Händler:innen und Marktteilnehmer:innen?

Marktteilnehmer:innen müssen die oben angeführten Sorgfaltspflichten vollständig umsetzen. Nachgelagerte Marktteilnehmer:innen und Händler:innen müssen die bereits von den Vorlieferant:innen erstellten Sorgfaltspflichterklärungen prüfen. Unabhängig davon, ob die Umsetzung der Sorgfaltspflicht vom Unternehmen selbst durchgeführt oder weitergegeben wurde, liegt die Verantwortung für die Sorgfaltspflichterklärung beim jeweiligen Unternehmen selbst.

 

Ab wann gilt die EUDR?

Um die Anforderungen der EUDR zu erfüllen, müssen große und mittlere Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht bis Ende 2024 sicherstellen. Alle Produkte, die nach dem 30. Dezember 2024 in den Verkehr gebracht werden, müssen daher EUDR-konform sein. Für Klein- und Kleinstunternehmen gilt eine verlängerte Frist. Sie haben bis zum 30. Juni 2025 Zeit, die Sorgfaltspflichten umzusetzen und den Nachweis zu erbringen, dass ihre Produkte EUDR-konform sind.

 

Wer führt die Kontrollen durch und welche Strafen drohen?

Jeder Mitgliedsstaat beauftragt die nationalen Behörden mit der Überwachung und Kontrolle der EUDR. Die unangekündigten Kontrollen erfolgen nach einem risikobasierten Ansatz, wobei die Anzahl der Kontrollen vom Länder-Benchmarking abhängt.

Bei Nichteinhaltung drohen Geldstrafen. Bei juristischen Personen liegt der Höchstbetrag bei mindestens 4 Prozent des bisherigen EU-weiten Umsatzes. Darüber hinaus kann ein vorübergehender Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren und vom Zugang zu öffentlichen Fördermitteln (bis zu 12 Monate), ein vorübergehendes Verbot des Inverkehrbringens oder der Bereitstellung auf dem Markt oder ein Verbot der Ausübung der vereinfachten Sorgfaltspflicht bei wiederholten/schweren Verstößen verhängt werden.

Bei Verstößen ist das Unternehmen verpflichtet, etwaige Lücken und Mängel der Sorgfaltspflicht unverzüglich zu beseitigen. Die Produkte selbst müssen gespendet oder vernichtet werden. Die Gewinne aus dem Handel mit den betreffenden Produkten werden eingezogen. Betreiber oder Händler, die gegen die Verordnung verstoßen, müssen auch die Kosten für behördliche Kontrollen selbst tragen.

 

Umsetzungsstand der Verordnung & aktuelle Diskussion

Die aktuellen Diskussionen rund um die EUDR umfassen folgende Themen:

  • Um eine praktikable Umsetzung der EUDR zu ermöglichen, muss die EU-Kommission verschiedene Grundprinzipien entwickeln
  • Entwicklung eines Länder-Benchmarking-Systems, das jedem Land ein bestimmtes Risikoniveau für die Entwaldung zuordnet (geringes bis hohes Risiko)
  • Entwicklung einer elektronischen Schnittstelle zur vereinfachten Abgabe von Due-Diligence-Erklärungen
  • Entwicklung von Leitlinien zur Einhaltung dieser Verordnung durch Betreiber und Händler

 

Erste Schritte und ein Zeitplan für die Umsetzung im Zusammenhang mit dem EU-Informationssystem wurden von der Kommission veröffentlicht. Allerdings fehlen weitere wichtige Grundlagen für die Umsetzung, etwa ein Länder-Benchmarking oder die Entwicklung von Leitlinien. Aus diesem Grund nimmt die Diskussion um die EUDR derzeit nochmals Fahrt auf und von verschiedenen Seiten werden Forderungen nach einer Verschiebung immer lauter. Dennoch hält die Kommission vorerst an ihrem Zeitrahmen fest.

 

Was bedeutet das für die Umsetzung in der Praxis?

Trotz Unsicherheiten hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung der EUDR sollten Unternehmen nicht mit der Umsetzung warten und die entsprechenden Prozesse im Unternehmen anstoßen, da sehr umfangreiche Informationen generiert werden müssen. Dazu gehört es, sich einen Überblick zu verschaffen und zu prüfen, welche Produkte und Lieferanten betroffen sind. Ziel ist es herauszufinden, welche Informationen und Daten bereits vorhanden sind und wo Lücken bestehen.

Unternehmen sollten Ansätze entwickeln, um Transparenz zu schaffen. Dazu ist es notwendig, mit den eigenen Lieferant:innen in Kontakt zu treten und gemeinsam Lösungen zu finden. Sie sollten sich auch mit der Frage eines IT-gestützten Prozesses auseinandersetzen. Eventuell ist auch eine Anpassung der eigenen Warengruppenstrategie und Beschaffungsprozesse erforderlich.