Betriebliche Altersversorgung

07.12.2017 – BMF-Schreiben vom 9.12.2016: Maßgebendes Pensionsalter bei der Bewertung von Versorgungszusagen

Ausgangssituation

Grundsätzlich ist das in der Versorgungszusage festgeschriebene Pensionsalter maßgeblich für die Bewertung der Pensionsverpflichtung (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 EStG). Ergänzend hierzu ist das BMF-Schreiben vom 24.7.2013 zu berücksichtigen, das die Untergrenze für betriebliche Altersversorgungsleistungen bei altersbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben festlegt (Randziffer 286). Danach ist als maßgebliches Pensionsalter die Vollendung des 60. Lebensjahres, für nach dem 31.12.2011 erteilte Zusagen die Vollendung des 62. Lebensjahres zugrunde zu legen.

Eine Ausnahme von der zuvor beschriebenen Regelung bestand für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) von Kapitalgesellschaften. Diese Abweichung ergab sich aus den amtlichen Steuerrichtlinien der Finanzverwaltung (R 6a Abs. 8 Satz 1 EStR 2008) und galt grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2008. Für beherrschende GGF wurde dabei unterstellt, dass die Jahresbeträge nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG bis zur Dezember 2017 vertraglich vorgesehenen Altersgrenze, mindestens jedoch bis zum geburtsjahrabhängigen Pensionsalter von 65/66/67 Jahren aufzubringen sind.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 11.9.2013 der zuvor beschriebenen Regelung bei beherrschenden GGF widersprochen und entschieden, dass es entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung keinen Grundsatz gebe, nach dem bei diesem Personenkreis stets von einem geburtsjahrabhängigen Pensionseintrittsalter von 65/66/67 Jahren auszugehen sei. Eine solche Altersgrenze könne dem Gesetzeswortlaut, insbesondere § 6a EStG, nicht entnommen werden.

Aufgrund des zuvor benannten BFH-Urteils sowie der Urteile des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 15.5.2012 und 13.1.2015 wurde das BMF-Schreiben vom 9.12.2016 erlassen.

BMF-Schreiben

Aussage zum maßgebenden Pensionsalter

Bei der Bewertung einer Pensionszusage nach § 6a EStG sei grundsätzlich das Pensionsalter maßgebend, das in der jeweiligen Versorgungszusage festgeschrieben bzw. durch schriftliche Anpassung geändert wurde. Bei einer ausschließlichen Bezugnahme auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung sei als Pensionsalter die gesetzliche Regelaltersgrenze, die am Bilanzstichtag für den Eintritt des Versorgungsfalles maßgebend ist, der Rückstellungsbewertung zugrunde zu legen.

Aussage zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen gegenüber beherrschenden GGF

Aufgrund des zuvor erwähnten BFH-Urteils vom 11.9.2013 seien R 6a Abs. 8 Satz 1 letzter Teilsatz und Satz 5 EStR zum Mindestpensionsalter bei der Bildung von Pensionsrückstellungen für beherrschende GGF nicht weiter anzuwenden (Aufhebung des BMF-Schreibens vom 3.7.2009).

Danach sei nunmehr abweichend zur bisherigen Regelung grundsätzlich das vertraglich vereinbarte Pensionsalter der Bewertung zugrunde zu legen (R 6a Abs. 11 Satz 1 EStR). Es sei grundsätzlich zu unterstellen, dass die versicherungsmathematisch ermittelten Jahresbeträge vom Beginn des Dienstverhältnisses bis zur vertraglich vorgesehenen Altersgrenze aufzubringen sind (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG). Das sogenannte zweite Wahlrecht (R 6a Abs. 11 Satz 3 EStR 2008), das auf die frühestmögliche Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung abstellt, könne für beherrschende GGF nicht in Anspruch genommen werden. In den Fällen, in denen bislang aufgrund des Mindestalters (R 6a Abs. 8 EStR 2008) der vertraglich vereinbarte frühere Pensionsbeginn nicht berücksichtigt wurde, könne von einem späteren Pensionseintritt ausgegangen werden, sofern mit einer Beschäftigung des Berechtigten bis zu diesem Alter gerechnet werden kann (analoge Anwendung des sogenannten ersten Wahlrechtes (R 6a Abs. 11 Satz 2 EStR 2008)). Dieses einmalige Wahlrecht sei spätestens in der Bilanz des Wirtschaftsjahres auszuüben, das nach dem 9.12.2016 beginnt.

Praxishinweis

Bewertungsänderung: Wurde die Pensionsrückstellung bisher unter Berücksichtigung der amtlichen Steuerrichtlinien (EStR 2008) bewertet, kann eine Anpassung des Pensionsalters für die Bewertung bei Unternehmen mit einem Wirtschaftsjahr entsprechend dem Kalenderjahr noch bis zum 31.12.2017 erfolgen.

Aussage zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bei Pensionszusagen an GGF von Kapitalgesellschaften

Ist die Pensionsrückstellung dem Grunde und der Höhe nach zutreffend bilanziert, sei bei Zusagen an GGF von Kapitalgesellschaften im zweiten Schritt zu prüfen, ob und inwieweit die Gewinnminderung aufgrund der Pensionsverpflichtung eine vGA darstellt.

Pensionszusagen, die nach dem 9.12.2016 erteilt werden (Neuzusagen) und eine vertragliche Altersgrenze von weniger als 62 Jahren vorsehen, seien bereits dem Grunde nach eine vGA. Zuführungen zur Pensionsrückstellung seien in voller Höhe vGA. Bei bereits bis zum 9.12.2016 erteilten Pensionszusagen gilt die Altersgrenze von 60 Jahren unverändert fort.

Bei beherrschenden GGF wird von einer vGA der Höhe nach ausgegangen, sollte eine nach dem 9.12.2016 (Neuzusage) vertraglich vereinbarte Pensionszusage eine Altersgrenze von weniger als 67 Jahren bzw. bei Pensionszusagen, die bis zum 9.12.2016 (Altzusagen) vereinbart wurden, eine Altersgrenze von weniger als 65 Jahren vorsehen. Zuführungen zur Pensionsrückstellung seien dann insoweit vGA, als diese nicht auf das 67. Lebensjahr (Neuzusagen) bzw. nicht auf das 65. Lebensjahr (Altzusagen), sondern auf das vertraglich vereinbarte geringere Pensionsalter berechnet werden. Dem Steuerpflichtigen bleibe es aber unbenommen, die Fremdüblichkeit eines niedrigeren Pensionsalters darzulegen.

Für die Frage, ob eine vGA vorliegt, sei grundsätzlich auf die Verhältnisse bei Erteilung der Zusage abzustellen (BFH-Urteil vom 31.3.2004). Ein Statuswechsel vom nicht beherrschenden zum beherrschenden GGF begründe für sich allein regelmäßig noch keinen Anlass zur Prüfung, ob das in der Zusage vereinbarte Pensionsalter durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies gelte jedoch nicht, wenn weitere Anhaltspunkte für eine mögliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hinzutreten.

Auswirkungen der BAG-Urteile vom 15.5.2012 und 13.1.2015 auf Zusagen über Unterstützungskassen (§ 4d EStG) und unmittelbare Pensionszusagen (§ 6a EStG)

Entsprechend den zuvor genannten BAG-Urteilen sei bei einem Gesamtversorgungssystem die Bezugnahme auf die Vollendung des 65. Lebensjahres in einer vor dem Inkrafttreten des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 entstandenen Versorgungsordnung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass damit auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug genommen wird.

Bilanzsteuerrechtlich bleibe auch bei von der BAG-Rechtsprechung betroffenen Gesamtversorgungszusagen das schriftlich fixierte Pensionsalter maßgebend

Bei Änderungen des bislang schriftlich vereinbarten Pensionsalters, aufgrund der BAG-Entscheidung, sei diese Anpassung nach den allgemeinen Grundsätzen durch eine schriftliche Änderung der betroffenen Zusage zu dokumentieren (Schriftformerfordernis gemäß § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 lit. b) Satz 2 und 5 EStG bzw. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG).

Es sei bilanzsteuerrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die betreffenden Versorgungszusagen spätestens bis zum Ende des Wirtschaftsjahres angepasst werden, das nach dem 9.12.2016 beginnt (Übergangsfrist). Versorgungszusagen, die nicht innerhalb der Übergangsfrist angepasst wurden, könnten aufgrund des nicht erfüllten Schriftformerfordernisses bilanzsteuerrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden und seien in der Steuerbilanz gewinnerhöhend aufzulösen.

Praxishinweis

Für Pensionszusagen, bei denen der Arbeitgeber auch steuerlich wirksam der BAG-Rechtsprechung folgen will, kann dieser die Änderung der Pensionszusage noch bis zum Ende des Wirtschaftsjahres vornehmen, das nach dem 9.12.2016 beginnt. Sollte das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entsprechen, kann die Änderung noch bis zum 31.12.2017 erfolgen. Wichtig bei der Änderung ist die Einhaltung des zuvor genannten Schriftformerfordernisses. Sollte dies bei einer Änderung nicht eingehalten werden, ist die insoweit passivierte Pensionsrückstellung gewinnerhöhend aufzulösen.

Soll das in der Versorgungszusage genannte Pensionsalter von 65 Jahren für die Bilanzierung der Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz (weiterhin) zugrunde gelegt werden, so empfehlen wir ebenfalls eine schriftliche Klarstellung, da aufgrund der Rechtsprechung nicht eindeutig ist, ob hiermit tatsächlich das 65. Lebensjahr oder das gesetzliche Regelrenteneintrittsalter gemeint ist.

Die Rechtsprechung des BAG und der Wortlaut des BMF-Schreibens beziehen sich ausdrücklich nur auf sogenannte Gesamtversorgungszusagen. Der zugrunde liegende Sachverhalt betrifft allerdings auch sämtliche Formen der ergänzenden betrieblichen Altersversorgung, sodass nach unserer Ansicht die grundlegenden Ausführungen der BAG-Rechtsprechung dahingehend auszulegen sind, dass sämtliche Pensionszusagen davon betroffen seien. Aus diesem Grund empfehlen wir allen Mandanten, die Pensionszusagen bilanzieren, diese entsprechend dem Pensionsalter unter Berücksichtigung des Schriftformerfordernisses zu konkretisieren. Dies gilt auch für diejenigen Fälle, in denen es nicht zu einer Änderung des maßgeblichen Renteneintrittsalters kommen soll; auch dies sollte klarstellend dokumentiert werden.

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