Handlungsbedarf bei der gründungsprivilegierten GmbH und der „GmbH light“?
Die Gründungsprivilegierung endet grundsätzlich automatisch nach Ablauf der 10-Jahresfrist. Durch den Wegfall der Gründungsprivilegierung lebt die gesetzliche Einlageleistungspflicht im vollen Umfang (Mindeststammkapital von EUR 35.000) auf. Da der Gesellschaftsvertrag ebenso wie die Angaben im Firmenbuch dadurch unrichtig werden, sind entsprechende Änderungen zu veranlassen.
Konkret hat jede:r Gesellschafter:in nun die Differenz zwischen den gesetzlichen Mindesteinzahlungserfordernissen ohne Gründungsprivilegierung und den bereits erbrachten Einzahlungen auf die gründungsprivilegierten Stammeinlagen in nomineller Höhe zu leisten.
Spätestens im Zeitpunkt der Anmeldung der Änderung des Gesellschaftsvertrages muss die nun fällig gewordene Einlage eingezahlt sein.
Wie jede andere Gesellschaftsvertragsänderung ist auch die Beendigung der Gründungsprivilegierung zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Dem Zweck der Regelungen der Kapitalaufbringung entsprechend müssen bei der Anmeldung eines Verzichts auf die Gründungsprivilegierung dieselben Unterlagen wie bei einer Gesellschaftsgründung beigelegt werden: Dies ist insbesondere die Erklärung der Geschäftsführer:innen, dass die nun bar zu leistenden Stammeinlagen in dem eingeforderten Betrag eingezahlt worden sind und zu ihrer freien Verfügung stehen sowie die Bestätigung eines Kreditinstituts über die Leistung zur freien Verfügung.
Freiwilliger Verzicht auf Gründungsprivilegierung vor Zeitablauf
Die Gesellschafter:innen können auf die auf höchstens zehn Jahre befristete Gründungsprivilegierung auch jederzeit vorzeitig verzichten. Da die Gründungsprivilegierung zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen ist, muss auch der Verzicht durch Änderung des Gesellschaftsvertrags erfolgen. Für diese Gesellschaftsvertragsänderung bedarf es eines satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses. Da die vorzeitige Aufgabe des Gründungsprivilegs die Einzahlungsverpflichtungen aller Gesellschafter:innen vorzeitig wirksam werden lässt, bedarf ein solcher Beschluss gem § 50 Abs 4 iVm Abs 5 GmbHG der Zustimmung aller betroffenen Gesellschafter:innen.
Besonderheiten bei der GmbH „light“
Gesellschaften, die zwischen dem 1.7.2013 und dem 28.2.2014 mit einem Stammkapital von weniger als EUR 35.000 gegründet worden sind – sog. „GmbHs light“ - müssen ihr Stammkapital bis längstens 1.3.2024 auf zumindest EUR 35.000 erhöhen. Die Erhöhung des Kapitals kann hierbei – im Gegensatz zur Einlageleistung bei Wegfall der in Anspruch genommenen Gründungsprivilegierung bei gründungsprivilegierten GmbHs – sowohl in Form einer ordentlichen Kapitalerhöhung als auch mittels Umbuchung allfällig vorhandener Gewinne in Stammkapital (Kapitalberichtigung) durchgeführt werden.
GesRÄG 2023 - Änderung des GmbH-Gesetzes
Mit dem GesRÄG 2023, das derzeit im Entwurf vorliegt (Begutachtungsfrist endete am 7. Juli 2023), soll das GmbH-Mindeststammkapital grundsätzlich auf EUR 10.000 herabgesetzt werden. Der Gesetzesentwurf sieht für Gesellschaften, bei denen bei Inkrafttreten des Gesetzes die Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung im Firmenbuch eingetragen ist, vor, dass es zu keiner Beendigung der Gründungsprivilegierung durch Zeitablauf kommt. In einer solchen Gesellschaft soll eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags, die nach dem 31. Oktober 2024 zum Firmenbuch angemeldet wird, nur mehr eingetragen werden können, wenn im abgeänderten Gesellschaftsvertrag die Bestimmungen über die Gründungsprivilegierung beseitigt wurden. Zudem ist die Beseitigung der Bestimmung zur erforderlichen Kapitalerhöhung bei der GmbH „light“ vorgesehen.
Als Datum für das Inkrafttreten des GesRÄG 2023 ist der 1. November 2023 vorgesehen. Die Gesetzwerdung bleibt natürlich abzuwarten.