Faktische Geschäftsführer:innen im Steuerrecht

Der Begriff der faktischen Geschäftsführer:innen ist nicht definiert, wurde aber durch die Rechtsprechung herausgearbeitet. Er kommt daher, dass dem:der formell bestellten Geschäftsführer:in nicht immer die tatsächliche Handhabung und Willensbildung innerhalb eines Unternehmens zukommt.

Es kommt somit zu einem Auseinanderfallen von im Firmenbuch eingetragenen natürlichen Personen, die formell als Geschäftsführer:innen agieren, und der Person, die die tatsächlichen Entscheidungen im Unternehmen trifft. Handelt jemand als „Schein-Geschäftsführer:in“, kann dies zu Problemen im Bereich des Gläubigerschutzes und der Rechtssicherheit führen.

Die Rechtsprechung legt den Begriff der faktischen Geschäftsführer:innen wie folgt aus: „Demnach gelten als faktische Geschäftsführer:innen wer maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung eines Unternehmens nimmt, ohne förmlich als Geschäftsführer:in bestellt worden zu sein. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Angestellte, Gesellschafter:innen oder um gänzlich Außenstehende handelt. Entscheidend ist, dass die faktischen Geschäftsführer:innen einen nachhaltigen und dauerhaften Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben und es somit zur faktischen Beherrschung des Unternehmens kommt.“


Jeder Fall ist individuell zu entscheiden


Der:die offizielle Geschäftsführer:in muss größtenteils verdrängt und de facto entscheidungsunfähig gemacht werden. Daher würde es auch nicht ausreichen, wenn Gesellschafter:innen ihren Geschäftsführer:innen regelmäßig Weisungen erteilen, diese aber ansonsten noch freie Entscheidungsfähigkeit besitzen. Weiters ist auch immer auf die konkreten Umstände des Sachverhalts abzustellen. Jeder Fall ist daher einer eigenen Prüfung zu unterziehen, wobei auf die Gesamtbetrachtung zu achten ist.
Dahingehend ergeben sich natürlich häufig Beweisprobleme. Maßgebend kann der Auftritt von Personen nach außen sein, also ob sie Stellungnahmen für das Unternehmen abgeben oder bei Vertragsverhandlungen teilnehmen. Auch die Geschäftsgebarung im Inneren ist relevant. Hier sind vor allem Unterlagen und Zeugenaussagen ausschlaggebend.


Relevant in Haftungsfällen


Relevant ist die faktische Geschäftsführung vor allem in Haftungsfällen. Hauptanwendungsfall ist die Insolvenz. Im Fall einer Insolvenz können Ansprüche entstehen, wenn das Verfahren zu spät eingeleitet wird. Für diesen Schaden könnte es zur Haftung des faktischen Geschäftsführers kommen. Auch können diesen gewisse Aufgaben, wie etwa die Stellung eines Insolvenzantrages, treffen. Geschäftsführer:innen haften persönlich dafür, dass Steuern und Abgaben rechtzeitig und vollständig abgeführt werden. Diese Haftung kann auf die faktischen Geschäftsführer:innen ausgedehnt werden. Auch im Strafrecht sind die faktischen Geschäftsführer:innen von Bedeutung. Infrage kommen vor allem Delikte, die mit Insolvenzen im Zusammenhang stehen, etwa die grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubiger:inneninteressen.