Arztpraxis als Liebhaberei?
Im gegenständlichen Fall führte eine Ärztin nach ihrer Pensionierung ihre Ordination ohne Kassenvertrag weiter. In den betreffenden Jahren 2010 bis 2014 erzielte sie dabei ausschließlich Verluste. Gleichzeitig ging die Ärztin einer Tätigkeit für den Ärztefunkdienst nach. Aus dieser Tätigkeit erzielte sie jährliche Gewinne in Höhe von ca. € 10.000. Das Finanzamt vertrat dahingehend die Auffassung, dass es sich bei den beiden Betätigungen, Ordination vs. Ärztefunkdienst, um getrennte Liebhaberei-Beurteilungseinheiten handelt.
Abgrenzung der steuerlich relevanten Einkünfte zu privaten
Die Liebhaberei ist für das österreichische Steuerrecht von großer Bedeutung, da sie die Abgrenzung zwischen steuerlich relevanten Einkünften und nicht steuerlich anzuerkennenden Tätigkeiten beeinflusst. Sie dient dazu, sicherzustellen, dass nur tatsächlich erzielte Einkünfte besteuert werden, während rein private oder nicht ernsthaft gewinnorientierte Aktivitäten steuerlich nicht berücksichtigt werden. Dadurch soll die Steuergerechtigkeit gewahrt und eine Missbrauchsmöglichkeit des Steuersystems reduziert werden. Rechtsfolge der Einstufung einer Tätigkeit als Liebhaberei ist, dass erzielte Verluste steuerlich nicht verwertet werden können, etwaige positive Einkünfte dafür nicht steuerpflichtig sind.
„Das Führen einer Arztpraxis kann unter Umständen den steuerlichen Tatbestand der Liebhaberei auslösen. Die Liebhaberei muss für jede Beurteilungseinheit gesondert beurteilt werden. Ein verlustbringender Betrieb einer Privatarztordination und eine gewinnbringenden Tätigkeit für den Ärzt:innenfunkdienst stellen keine betriebliche Einheit dar, weil beide Bereiche verschiedene Strukturen benötigen und unterschiedlich organisiert sind. Wenn die einzige Verbindung die Qualifikation als Arzt:Ärztin ist, reicht diese für sich allein noch nicht aus, um eine Verflechtung der beiden Betriebe anzunehmen.“
Lisa Butz, Prokuristin bei Mazars Austria
Zusammenhang von Arztpraxis und Ärztefunkdienst nicht erkennbar
Gemäß der Liebhabereiverordnung (LVO) liegen Einkünfte bei einer Betätigung vor, die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen. Voraussetzung dafür ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen. Beurteilungseinheit ist demnach die einzelne Einkunftsquelle, die nach der Verkehrsauffassung abzugrenzen ist. Ein einheitlicher Betrieb würde vorliegen, wenn mehrere Betriebszweige als Teil eines Betriebes anzusehen sind, was bei engem wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Zusammenhang zutrifft. Das BFG führte aus, dass ein solcher Zusammenhang beim Betrieb einer Arztpraxis und einer Tätigkeit für den Ärzt:innenfunkdienst nicht erkennbar ist, da beiden Bereichen andere Strukturen zugrunde liegen und es anderer organisatorischer Maßnahmen bedarf. Die einzige Verbindung ist die Qualifikation als Arzt:Ärztin, die aber für sich allein noch nicht ausreicht, um eine Verflechtung der beiden Betriebe anzunehmen.
Für das BFG war eine objektive Ertragsfähigkeit der Arztpraxis nicht erkennbar, da es kein ernsthaftes Streben zur Gewinnerzielung erkennen konnte. Es stufte den Betrieb der Arztpraxis als keine einkommensteuerrechtliche zu berücksichtigende Einkunftsquelle ein. Es lagen daher zwei voneinander getrennt zu beurteilende Betriebe vor, wobei einer davon, die Arztpraxis, als Liebhaberei qualifiziert wurde. Dies hatte zur Folge, dass die erzielten Gewinne aus der Tätigkeit für den Ärztefunkdienst nicht mit den Verlusten aus dem Betrieb der Arztordination ausgeglichen werden konnten.