Startups: Mazars präsentiert Modell für zeitgemäße Mitarbeiter*innen-Beteiligung
Erleichterungen für Startups und eine steuerliche Anpassung von Mitarbeiter*innen und Investor*innen bringt ein am Montag, 29.11.2021 von Mazars gemeinsam mit Austrian Startups vorgestelltes Modell für eine zeitgemäße Mitarbeiter*innen-Beteiligung in Österreich. Die wichtigsten Eckpunkte dabei: Gewährung von Beteiligungen an Mitarbeiter*innen über den (niedrigen) Freibetrag hinaus soll nicht zu einer unmittelbaren Lohnsteuer- und SV-Pflicht führen. Und: Gewinne aus dem Verkauf einer Mitarbeiter*innen-Beteiligung sollen nicht der Lohnsteuer unterliegen, sondern mit der Kapitalertragssteuer (KESt.) besteuert werden.
Für junge Unternehmen gibt es ein entscheidendes Erfolgsrezept: Hoch qualifizierte und innovative Arbeitskräfte, die an die Unternehmens-Idee glauben. Es braucht daher, neben dem Gehalt, einen weiteren Anreiz, um Österreich für Fachkräfte attraktiv zu machen. Die aktuellen Möglichkeiten einer Mitarbeiter*innen-Beteiligung bringen aber einen erheblichen bürokratischen Aufwand und (noch) höhere Lohnnebenkosten. Und: Auch das Modell der Regierung einer steuerbefreiten Gewinnbeteiligung bis zu 3.000 Euro pro Jahr durch die Steuerreform greift zu kurz und ist nicht mehr als „ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“.
Österreich verliert den Anschluss an europäische Startup-Hotspots
Startups und innovative KMUs sind Innovations-Motoren für den Wirtschaftsstandort Österreich, bringen Wachstum und sind auch relevant für den Arbeitsmarkt: Die rund 2.500 österreichischen Startups haben in den vergangenen Jahren mehr als 20.000 Arbeitsplätze geschaffen und in den nächsten Monaten sollen noch einmal 10.000 dazukommen.
Während Länder wie Frankreich oder Portugal die Rahmenbedingungen für Startups zuletzt deutlich verbessert haben, tritt Österreich weitgehend auf der Stelle. Die Folge: Österreich liegt im europäischen Vergleich bei den gegründeten Startups pro Einwohner nur auf Platz 19 und bei der Investitionssumme pro Einwohner auf Platz 15. Spitzenreiter sind: Estland und Schweden. In Startup-Vorzeige-Staaten ist darüber hinaus auch der Fachkräftemangel nicht dermaßen drastisch wie in Österreich: Im EU-Vergleich ist es laut Statistik der EU-Kommission für Unternehmen nur in Tschechien noch schwieriger, digitale Fachkräfte zu finden.
Aktueller Stand: Es gibt keine steuerbegünstigte Gewinnbeteiligung für Mitarbeiter*innen
Seit 2016 beträgt die maximale Höhe einer steuerbegünstigten Beteiligung für Mitarbeiter*innen an einem Unternehmen (durch die unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von Kapitalanteilen) 3.000 Euro. Dieser Freibetrag gilt für die Einkommenssteuer, die Sozialversicherungsabgaben und die Lohnnebenkosten. Eine allfällige Gewinnbeteiligung ist steuerlich bis dato nicht begünstigt.
Mazars-Analyse:
- Für hochqualifizierte Arbeitskräfte ist der Freibetrag von 3.000 Euro zu niedrig.
- Werden die 3.000 Euro überschritten, besteht ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis mit voller Sozialversicherungs- und Steuerpflicht.
- Will ein Unternehmen Mitarbeiter*innen beteiligen, muss es zuerst den Unternehmenswert ermitteln (lassen) und danach echte Kapitalanteile bzw. Substanzgenussrechte oder echte stille Beteiligungen gewähren - das bedeutet: Viel Bürokratie und wenig Flexibilität. Und: Wie bewertet man ein Startup, das vor allem aus einer guten Idee und leidenschaftlich engagierten Mitarbeitenden „besteht“?
Steuerreform 2022: Es gibt neu eine steuerbegünstigte Gewinnbeteiligung, aber diese bringt nichts für Startup-Mitarbeiter*innen
Analog zur steuerbegünstigten Beteiligung von Mitarbeiter*innen am Unternehmen wird mit der Steuerreform ab 1. Jänner 2022 eine abgabenrechtliche Begünstigung von Mitarbeiter*innen am laufenden Unternehmensgewinn eingeführt. Auch hier gilt ein Höchstbetrag von 3.000 Euro. Die Regierung will damit die liquiden Mittel von Arbeitnehmer*innen erhöhen und deren Bindung an das Unternehmen steigern.
Voraussetzungen:
- Die Gewinnbeteiligung muss allen Arbeitnehmer*innen oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmer*innen eingeräumt werden.
- Die Summe der gewährten Gewinnbeteiligungen darf den steuerlichen Vorjahresgewinn nicht übersteigen.
- Die Gewinnbeteiligung darf nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung geleistet werden.
Mazars-Analyse:
- Die steuerbefreite Gewinnbeteiligung bringt – anders als angekündigt – nichts für Startups, da diese gerade in den ersten Jahren (noch) keine Gewinne erzielen.
- Dazu kommt: Gewinnbeteiligungen von externen Gesellschaftern werden steuerlich bessergestellt als jene von Mitarbeiter*innen.
Das Mazars-Modell bringt mehr für Mitarbeiter*innen und stellt sie steuerrechtlich mit Investor*innen gleich
„Gerade für junge innovative Unternehmen und Startups bringt das Mitarbeiter*innen-Beteiligungs-Modell der Regierung nur sehr wenig“, sagt Peter Wundsam, Managing Partner bei Mazars. „Es braucht ein Modell, das nicht noch höhere Lohnnebenkosten bringt und das für Mitarbeitende zudem ein tatsächlicher Anreiz ist.“
Wichtigster Eckpunkt: Beteiligungen am Unternehmen für Mitarbeiter*innen sollen ungeachtet einer Freigrenze nicht als Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis betrachtet werden. Daher soll sich bei Gewährung keine Lohn-Besteuerung und SV-Pflicht ergeben.Dies gilt ausschließlich für Unternehmen in den ersten 15 Jahren nach Gründung, nicht für Unternehmen, die auf einem öffentlichen Markt notiert sind und der Unternehmensanteil soll auf maximal 20 Prozent pro Mitarbeiter*in begrenzt werden. Ein „Fördermodell“ für Vorstände, leitendes Management und dementsprechende Aktienoptions-Programme soll dadurch nicht geschaffen werden.
Auch die Übertragung von Anteilen ohne Preis (kostenlose Gewährung einer Beteiligung) darf zu keinen unmittelbaren negativen steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen führen, sondern muss ein neutraler Vorgang sein.
Gewinne aus dem Verkauf von Mitarbeiterbeteiligungen sollen ungeachtet einer Behaltedauer im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der KESt besteuert werden.
Die Besteuerung von Vorteilen aus der Gewährung von Mitarbeiter*innen-Beteiligungen soll erst bei Verkauf bzw. bei Realisierung erfolgen. Hier ist auch eine Gleichbehandlung von allen Arten von Investoren geboten. Daher soll die Besteuerung nicht im Lohnsteuerregime erfolgen, sondern nach den allgemeinen Regeln der Besteuerung von Kapitalvermögen.
Zur Förderung dieser Modelle kann der bestehende Vorschlag für eine laufende Gewinnbeteiligung von 3.000 Euro pro Jahr als Freibetrag im Falle eines späteren Exits bei der Unternehmensbeteiligung genutzt werden:
- Jährliche Ausschüttungen (Dividenden) auf Mitarbeiter*innen-Beteiligungen sollen bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei gestellt werden (aktueller Vorschlag der Steuerreform 2021).
- Im Falle eines späteren Verkaufs der Beteiligungen und einer Realisierung soll der Freibetrag für die jährlichen Ausschüttungen derart kumuliert werden, dass ein Betrag von 3.000 Euro pro Jahr Behaltefrist (max. fünf Jahre sollen kumuliert werden können) steuerfrei bleibt, sofern keine laufenden Ausschüttungen vorgenommen wurden.
Beispiel:
Eine Mitarbeiterin erwirbt im Jahr 2022 Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers in Höhe von 10.000 Euro (Wert) zu einem Betrag von 0 Euro (kein Kaufpreis) – dies verursacht keine unmittelbaren steuerlichen Konsequenzen.
In den Jahren 2023 bis 2027 erhält die Mitarbeiterin keinen Gewinnanteil ausbezahlt.
Im Jahr 2028 erfolgt ein Exit im Rahmen einer Investorenrunde und die Anteile werden mit einem Wert von 25.000 Euro verkauft. Diesem Erlös sind die Anschaffungskosten von EUR 0 gegenüber zu stellen, sodass die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung 25.000 Euro ist. Die Bemessungsgrundlage wird um 3.000 Euro pro Behaltejahr, daher 15.000 Euro für maximal fünf Jahre (2022 – 2026) reduziert und es werden 10.000 Euro (25.000 – 15.000 = 10.000) der Kapitalertragsteuer von 27,5 Prozent unterzogen.
Insgesamt erhält die Mitarbeiterin aus der Unternehmensbeteiligung einen Betrag nach Verkauf von 25.000 Euro, der mit 2.750 Euro besteuert wird. Dies entspricht einer durchschnittlichen Besteuerung von 11,0 Prozent.
Das bringt der Mazars-Vorschlag für Mitarbeiter*innen
- Anpassung in der steuerlichen Behandlung mit institutionellem Investor.
- keine Besteuerung eines fiktiven Vorteils bei einer unentgeltlichen Zuwendung.
- Gewinn wird aus der Differenz zwischen Verkaufserlös und Erwerbspreis mit der Kapitalertragsteuer vom 27,5 Prozent im Realisierungszeitpunkt versteuert.
- steuerlicher Vorteil gegenüber anderen Investoren aus der Kumulierung der Freigrenzen für laufende Ausschüttungen über max. 5 Jahre (maximal daher 15.000 Euro Freigrenze).
- Begrenzung auf die Start-Up-Phase (ersten 15 Jahre) des Unternehmens.
Das bringt der Mazars-Vorschlag für Startups:
- keine Belastung mit Lohnnebenkosten bei einer unentgeltlichen Zuwendung der Anteile.
- einfache Besteuerung durch Einbehalt der Kapitalertragsteuer bei laufenden Ausschüttungen.
- attraktives Model der Unternehmensbeteiligung zur Bindung von Mitarbeitenden.
- steuerliches Basismodell unabhängig von der Art der Ausgestaltung der Anteile – daher auch verwendbar für zukünftige Form der „Austrian Limited“.
- Entfall einer kostenintensiven und komplexen Bewertungserfordernis für das Unternehmen zum Zeitpunkt der Gewährung der Beteiligungen.