COVID-19 Besteuerung der Einkünfte
Covid-19: Besteuerung der Einkünfte von grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmern
Die negativen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf die nationale und internationale Wirtschaft sind enorm. Der Rückgang der Mobilität von Privatpersonen ist unbestreitbar eine der zahlreichen weitreichenden Auswirkungen dieser Pandemie.
Parallel zum Rückgang der allgemeinen Mobilität tritt weltweit auch eine Veränderung betreffend den Arbeitsort ein. Vor allem sind davon Arbeitnehmer betroffen, die nicht in der Produktion oder an einem festen Standort tätig sind. Um den Anforderungen des social distancing gerecht zu werden, ist mittlerweile ein Großteil der Unternehmen weltweit bestrebt, ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, von zu Hause aus zu arbeiten, um damit auch die Verbreitung von Covid-19, welches diese Pandemie verursacht, einzudämmen. Im folgenden Beitrag werden wir daher die steuerlichen Auswirkungen von Home Office genauer betrachten, mit besonderem Augenmerk auf grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer. Die geschätzte Anzahl jener liegt bei ungefähr einer Million Menschen in der Europäischen Union (laut Pre-Covid-19 Daten), daher ist diese Gruppe auch von großer Bedeutung.
Viele Unternehmen heutzutage decken ihren Bedarf an Mitarbeitern nicht nur mit Arbeitskräften aus dem eigenen Land, sondern bedienen sich auch der Möglichkeit, Personen aus Nachbarländern eine Stelle in ihrem Unternehmen anzubieten. Diese sogenannten mobilen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pendeln oftmals zwischen ihrem Wohnort und ihrer Arbeitsstätte und überschreiten dabei Landesgrenzen. Je nach Arbeitsaufträgen und Terminen passiert dies normalerweise täglich. In der Regel erhalten sie ihre Vergütungen über die Lohn- und Gehaltsverrechnung des Unternehmens, mit dem sie einen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben. Das Unternehmen verpflichtet sich wiederum – unter Beachtung der internationalen steuerrechtlichen Bestimmungen und der Zahlung von Sozialbeiträgen - öffentliche Abgaben einzubehalten und zu bezahlen.
Diese öffentlichen Abgaben, mit Ausnahme von selten vorkommenden Sonderbestimmungen, stellen einen wichtigen Beitrag zum Staatshaushalt jenes Landes, in dem der Arbeitgeber ansässig und einkommenssteuerpflichtig ist, dar. Ebenso sind die einbehaltenen Sozialabgaben und Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers ein Teil, der in das Sozialversicherungssystem des Landes einfließt.
Wie gerade erwähnt sind diese Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber nur durch den Arbeitsort verbunden, ihr sozialer, wirtschaftlicher, familiärer und kultureller Lebensmittelpunkt befindet sich allerdings in ihrem Ansässigkeitsland. Warum werden diese Mitarbeiter immer noch nach den Steuerbestimmungen des Arbeitgeberlandes besteuert?
Da diese Frage von ausgesprochener Bedeutung ist, wird sie hier genauer erläutert, vor allem hinsichtlich Privatpersonen bei denen Internationalität in Bezug auf ihre Beschäftigung eine Rolle spielt. Hier darf das internationale Steuerrecht nicht außer Acht gelassen werden. Man kann sich bei der Auslegung des internationalen Steuerrechts auf die Ausführungen der OECD stützen. Denn bilaterale Verträge zur Vermeidung der Doppelbesteuerung folgen weitgehend den Strukturen des Mustersteuerabkommens der OECD.
Das bedeutet, dass aufgrund der Auslegung der internationalen Verträge - die das nationale Recht außer Kraft setzen - Arbeitslöhne in dem Land steuerpflichtig sind, in dem die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer steuerlich ansässig sind, es sei denn, diese arbeiten in einem anderen Staat. Wenn eine Privatperson in einem anderen Land arbeitet, als sie steuerlich ansässig ist, ist der Lohn in dem Land zu besteuern, in dem die Arbeit geleistet wird. Ausnahmen von dieser Regel sind nur möglich, wenn drei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind - mangels Relevanz, für den im Newsletter vorliegenden Fall, folgen diesbezüglich keine weiteren Ausführungen.
Aus den obigen Regeln geht hervor, dass der Arbeitnehmer im Land des Arbeitgebers Einkommenssteuer zahlt, weil er oder sie die Arbeit dort physisch ausführt. Was passiert jedoch, wenn der Arbeitnehmer gezwungen wird, von seinem Home Office aus in seinem eigenen Ansässigkeitsstaat zu arbeiten? In diesem Fall ist immer zu prüfen - auf Grundlage der Steuergesetze der beiden betroffenen Länder sowie des geltenden Doppelbesteuerungsabkommens - in welchem Land die Privatperson steuerlich als ansässig anzusehen ist. Wenn das Land, in dem eine Privatperson steuerlich ansässig ist, auch ihr Wohnsitz ist, dann wird der Lohn, der für die dort physisch geleistete Arbeit gezahlt wird, in diesem Land besteuert.
Was bedeutet dies für die Parteien des Arbeitsverhältnisses?
Der Arbeitnehmer muss die Steuergesetze des Landes, in dem er lebt, berücksichtigen. Vor allem muss er darauf achten, wie die Steuererklärungen in Bezug auf das von einem ausländischen Arbeitgeber bezogene Gehalt einzureichen sind und wie die Steuern in seinem Ansässigkeitsstaat gezahlt werden müssen. In der Regel können sich Arbeitnehmer bei der Erledigung dieser administrativen Aufgaben nicht auf ihren Arbeitgeber verlassen und müssen diese selbst erledigen.
Die Arbeitgeber müssen auf den steuerlichen Wohnsitz ihrer Mitarbeiter achten und ebenso Augenmerk darauf legen in welchem Land die Arbeit tatsächlich geleistet wird. Wenn dieses Land nicht das Land ist, in dem das Unternehmen ansässig ist, sondern das Wohnsitzland des Arbeitnehmers, muss der Arbeitslohn bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung dementsprechend behandelt werden. Dabei kann es sich auch nur um einen Teil des Arbeitslohns, der für die im anderen Land physisch ausgeübte Arbeit bezahlt wird, handeln. In jedem Fall muss eine Doppelbesteuerung vermieden werden. Daher muss der Arbeitnehmer weiters von der Besteuerung im Land des Arbeitgebers befreit bzw. zum Teil befreit bleiben.
Zur besseren Veranschaulichung, hier nochmals ein vereinfachtes Beispiel:
X ist ein Mitarbeiter, der mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Sopron, in Ungarn, lebt. Seine Vermögenswerte, seine Freunde und weitere soziale, kulturelle und familiäre Verbindungen hat er in Ungarn. Gleichzeitig arbeitet X in Wr. Neustadt, in Österreich, als Senior Entwickler für eine kleine hiesige IT-Firma. Bis zum 6. März pendelte X täglich zu seinem Arbeitsplatz. Zwischen 6. März und 31. Juli arbeitete X allerdings von seinem Wohnort aus, in Sopron, Ungarn. Im August arbeitete X zur Hälfte von zu Hause, seinem Wohnort in Ungarn und zur anderen Hälfte am Firmenstandort in Österreich.
Basierend auf diesem Beispiel sind 5/22-stel des Gehalts von X für März in Österreich zu versteuern und der restliche Teil von 17/22-stel in Ungarn. Sein Gehalt für den Zeitraum April bis Juli ist gänzlich in Ungarn zu versteuern. Für August ist die Hälfte des Augustgehalts in Ungarn, an seinem Wohnort, zu versteuern. Für den Fall, dass die Gehaltsabrechnung der IT-Firma den vorliegenden Umständen ordnungsgemäß angepasst wurde, ist das Nettoeinkommen von X voraussichtlich in diesen Monaten höher – nämlich im Hinblick auf den niedrigeren persönlichen Einkommenssteuersatz in Ungarn.
Durch die Änderungen und Anpassungen in der Gehaltsabrechnung in Bezug auf die Ermittlung der Steuervorauszahlungen, die zum Zwecke der Einkommensteuererklärung auf das nun im Ausland erwirtschaftete Einkommen bestimmt werden muss, entsteht somit ein zusätzlicher administrativer Aufwand für den Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen.
Gänzlich anderen Bestimmungen hingegen unterliegen sozialversicherungsrechtliche Themenstellungen. Hier ins Detail zu gehen, würde allerdings den Rahmen sprengen. Die derzeitige Notwendigkeit, dass Menschen über einen längeren Zeitraum im Home Office arbeiten, erfordert auch umfangreiche administrative Änderungen und Reformen, ebenso aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht. Vor allem hat dies Auswirkungen für den Arbeitgeber und im weiteren Sinne auch auf die zukünftigen Sozialversicherungsansprüche der Mitarbeiter.
Es geht eindeutig hervor, dass die Besteuerung von Einkünften grenzüberschreitend tätiger Arbeitnehmer eine gründliche Beurteilung der Situation und eine Betrachtung der Umstände im jeweiligen Einzelfall erfordert. Die Einhaltung der Steuervorschriften der verschiedenen nationalen Gesetze verlangt eine gründliche Kenntnis und Auseinandersetzung mit den Regelwerken der betroffenen Länder.
Die internationale Partnerschaft von Mazars steht für Kunden, Privatpersonen sowie Unternehmer jederzeit gerne zur Verfügung und unterstützt, in diesen herausfordernden Situationen, die maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften und komplizierten Steuergesetze in der Praxis anzuwenden.